Spricht man in der Medizin von einem Tumor, sagt das noch nichts darüber aus, ob dieser gut- oder bösartig ist. Vielmehr wird jede Neubildung im Gewebe als Tumor bezeichnet. Erst durch weitere Untersuchungen kann eine definitive Aussage über die Bösartigkeit gegeben werden. Auch in der Schilddrüse treten gutartige und bösartige Neubildungen auf. Die gutartigen Tumore bezeichnet man als Adenome. Sie gehen vom Drüsengewebe der Schilddrüse aus und sind von einer Kapsel umgeben.
Aber es gibt auch bösartige Schilddrüsentumore, sog. Schilddrüsenkarzinome. Hier unterscheidet man nach dem Entartungsgrad der Tumorzellen differenzierte (papillöse oder follikuläre) und undifferenzierte (anaplastische) Karzinome. Diese entstehen aus den ursprünglichen Schilddrüsenzellen. Zudem können bösartige Tumore in der Schilddrüse auftreten, die sich aus den sog. C-Zellen der Schilddrüse entwickeln und als medulläre oder C-Zell-Karzinome bezeichnet werden. Diese Einteilung ist wichtig, da die einzelnen Formen unterschiedliche Verläufe zeigen.
Ursachen & Risikofaktoren
Möglicherweise werden bestimmte Anlagen vererbt, die zur Entstehung des sog. medullären Schilddrüsenkarzinoms mit beitragen können. Diskutiert wird auch, ob Bestrahlungen des Halses auf Grund anderer Erkrankungen die Bildung von Tumoren begünstigen. Doch es sind weitgehend unbekannte Faktoren, die für das Auftreten der Geschwülste verantwortlich sind.
Anzeichen & Krankheitsbild
Meist findet sich als erstes Krankheitszeichen eines Schilddrüsenkarzinoms ein harter Knoten in der Schilddrüse. Bösartige Tumore wachsen in der Regel sehr rasch und werden deshalb oft schneller vom Patienten bemerkt als die langsamer wachsenden, gutartigen Adenome. Der tastbare Knoten in der Schilddrüse bleibt lange Zeit das einzige Zeichen.
Ist ein Karzinom weiter fortgeschritten, können Schmerzen am Hals auftreten, die nicht selten bis in den Kiefer oder die Ohren ausstrahlen. Schluck- und Atembeschwerden, Heiserkeit und eine Schwellung der Halslymphknoten sind weitere mögliche Spätsymptome eines Karzinoms. Gutartige Schilddrüsentumore fallen meist nur als Knoten im Schilddrüsengewebe auf. Da sie sehr langsam wachsen, werden sie häufig erst bemerkt, wenn sie schon relativ groß sind.
Auswirkungen
Handelt es sich tatsächlich um einen bösartigen Schilddrüsentumor, so stellt dieser wie die meisten Karzinome eine lebensbedrohliche Erkrankung dar, die dringend behandelt werden muss. Die Prognose eines Schilddrüsenkarzinoms ist sehr stark davon abhängig, wie stark die Tumorzellen entartet sind und von welchen Zellen der Tumor ausgeht. Die differenzierten Karzinome zeigen einen wesentlich besseren Verlauf als die undifferenzierten Tumoren. Daher bedeuten eine frühe Erkennung und eine sich sofort anschließende Behandlung eine höhere Heilungschance.
Erkennung/Untersuchungen
Ein gutartiges Adenom kann man meist in der Schilddrüsensonographie, der Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse, an der umgebenden Kapsel und der guten Abgrenzung gegenüber des restlichen Schilddrüsengewebes erkennen.
Auch bei dem Verdacht auf ein Schilddrüsenkarzinom gibt die Sonographie erste Hinweise. Zusätzliche wird eine Schilddrüsenszintigraphie durchgeführt. Mit der Schilddrüsenszintigraphie kann man das hormonproduzierende Gewebe der Schilddrüse darstellen. Den Patienten wird dabei ein radioaktiv markiertes Mittel verabreicht. Dessen Bestandteile reichern sich nur in den hormonproduzierenden Gebieten der Schilddrüse an.
Bei einer gesunden Schilddrüse zeigt sich ein gleichmäßiges Verteilungsmuster. Bezirke, die besonders viel Hormone produzieren, wie das z. B. bei einer Überfunktion der Schilddrüse der Fall ist, stellen sich als sog. „Heiße Areale“ dar. Gebiete, in denen weniger oder gar keine Hormone gebildet werden, wie z. B. bei einem Schilddrüsenkarzinom, fallen als sog. „Kalte Areale“ auf. Ein solcher Bereich in der Schilddrüse wird dann als sog. „Kalter Knoten“ bezeichnet.
Hat man in der Sonographie und der Szintigraphie den Verdacht auf ein Karzinom, gibt eine sog. Feinnadelpunktion weitere Hinweise. Diese Entnahme von Schilddrüsengewebe aus den verdächtigen Bezirken und dessen mikroskopische Untersuchung kann einen zusätzlichen wesentlichen diagnostischen Anhaltspunkt geben. Besteht nur der geringste Verdacht auf einen bösartigen Tumor, wird eine Schilddrüsenoperation durchgeführt. Dies geschieht, um mehr Gewebe zur weiteren Untersuchung zu gewinnen bzw. den Schilddrüsentumor möglichst im Ganzen zu entfernen.
Therapie
Operation
Hat sich der Verdacht auf ein Schilddrüsenkarzinom bestätigt, wird meist die gesamte Schilddrüse einschließlich der dazugehörigen Halslymphknoten herausgenommen. Da man durch eine Operation nie sämtliches Schilddrüsengewebe entfernen kann, schließt sich meist eine Radio-Jod-Therapie an. Das radioaktiv markierte Jod reichert sich sowohl in dem noch verbleibenden Schilddrüsengewebe als auch in möglichen Metastasen an und schädigt das Gewebe durch die abgegebene Strahlung. Diese Therapie muß ebenfalls während eines stationären Aufenthaltes im Krankenhaus stattfinden.
Haben sich bereits Zellen des Tumors in anderen Organen angesiedelt und sog. Metastasen gebildet, können sie mit Röntgenbestrahlung behandelt werden. Im Anschluß daran erfolgt in jedem Fall eine Behandlung mit Schilddrüsenhormonen. Das hat zwei Gründe: einerseits entsteht durch die Entfernung der Schilddrüse eine Unterversorgung mit Hormonen; zum anderen versucht man durch die Gabe jeglichen Reiz zur Hormonbildung in möglicherweise verbliebenem Tumorgewebe zu vermeiden. Das könnte zu einem erneuten Tumorwachstum beitragen.
INFO Radio-Jod-Therapie
wird bei Schilddrüsentumoren und zur Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion angewandt. Der Patient erhält radioaktives Jod, das eine Halbwertszeit von 8 Tagen hat (d.h. die Strahlung halbiert sich innerhalb von acht Tagen). Das radioaktive Jod zerstört Schilddrüsengewebe und senkt so die Hormonproduktion der Schilddrüse. Diese Wirkung ist jedoch erst nach 2 – 4 Monaten nachweisbar.
Vorsorge
Vorkehrungen zur Entstehung dieser Tumoren kann man nicht treffen. Wurde jedoch ein Schilddrüsenkarzinom diagnostiziert, ist nach der anfänglichen Therapie eine Verlaufskontrolle in regelmäßigen Abständen erforderlich. Bei differenzierten Tumoren ist die Bestimmung eines Blutwertes, des Thyreoglobulins, ganz wichtig. Thyreoglobulin wird von diesen Tumorzellen gebildet. Nach der Operation sinkt der Wert normalerweise fast auf Null ab. Einer erneuter Anstieg weist auf ein Tumorrezidiv oder Metastasen hin. Diese können dann wiederum mit den oben genannten Verfahren behandelt werden.
Das medulläre Schilddrüsenkarzinom kann vereinzelt oder familiär gehäuft auftreten. Zur Verlaufskontrolle dient ein von den C-Zellen der Schilddrüse gebildetes Hormon, das Calcitonin. Calcitonin dient bei der familiär gehäuften Form auch als Screening-Untersuchung, um eventuell betroffene Familienmitglieder zu identifizieren und eine frühe Therapie zu ermöglichen.
Die familiäre Form ist nicht selten mit anderen Erkrankungen kombiniert, wie dem Phäochromozytom, einem vom Nebennierenmark ausgehenden Tumor, und dem primären Hyperparathyreoidismus, einer durch einen Tumor verursachten Überfunktion der Nebenschilddrüse. Daher muß man bei diesen Patienten auch nach Anzeichen für diese Krankheiten Ausschau halten. Das gemeinsame Auftreten dieser drei Erkrankungen fasst man unter dem Begriff Multiple Endokrine Neoplasie (MEN) TypII zusammen.
Häufige Fragen
Bei mir wurde ein gutartiger Schilddrüsentumor festgestellt. Kann er sich in einen bösartigen Tumor umwandeln?
Man kann nicht sicher vorhersagen, ob sich ein gutartiger Tumor in einen bösartigen umwandelt oder ob zusätzlich zu diesem Tumor ein bösartiges Geschwulst entsteht. Eine solche Entwicklung ist nach klinischen Erfahrungen nicht sehr wahrscheinlich. Trotzdem sollten Sie Ihre Schilddrüse regelmäßig untersuchen lassen, dann kann das Wachstum eines bösartigen Tumors nicht übersehen werden.
Ich leide an einem Kropf (Jodmangelstruma). Wie kann ich diesen Kropf von einem Tumor unterscheiden?
Sie können das selbst nicht, aber Ihr Arzt kann es mit den entsprechenden Untersuchungsmethoden.
Weitere Infos
In einigen Kliniken in Deutschland ist es heutzutage schon möglich, genetische Untersuchungen bei den Familienmitgliedern von Patienten mit einem medullären Schilddrüsenkarzinom durchzuführen. Da Verwandte mit den gleichen Anlagen ein hohes Risiko besitzen, ebenfalls einen solchen Tumor zu entwickeln, kann eine frühestmögliche Erkennung der Genträger und eine rechtzeitige Entfernung der Schilddrüse die Entstehung dieses Tumors verhindern.
Wichtige Adressen
Forum Schilddrüse e.V.
Helmhuder Straße 70
20148 Hamburg
Telefon: 040/41 70 95
Telefax: 040/41 47 84 50
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