Diskusprolaps = Nucleus pulposus-Hernie
Die Bandscheibe ist eine Art Stoßdämpfer zwischen den Wirbelkörpern. Sie besteht aus einer gallertartigen Masse (Gallertkern, Bandscheibenkern, Nucleus ), die von einer stabilen Bindegewebshülle (Anulus fibrosus) umgeben ist. Reißt die Bindegewebshülle, so kann es zu einer Vorwölbung des Bandscheibenkerns aus dem Zwischenwirbelraum oder zur Abtrennung von Teilen des Bandscheibenkerns kommen. Dann besteht ein Bandscheibenvorfall (Prolaps).
Ist die Bindegewebshülle zwar noch intakt, aber schon etwas „ausgeleiert“, kann sich der Bandscheibenkern nach außen „vorbuckeln“, was ebenfalls sehr schmerzhaft ist. Dies wird als Bandscheibenprotrusion (Vorwölbung) oder oft auch als Hexenschuss (Lumbago) bezeichnet:
INFO:
Kennzeichen von „Hexenschuss“ oder „Ischias“, wie Lumbago häufig genannt wird, sind blitzartig auftretende, heftige Schmerzen im unteren Lendenwirbelbereich. Sie strahlen oft in Gesäß und Oberschenkel aus. Als Ursache kommen verschiedene Störungen in Frage (z. B.Haltungsschäden, die zu Fehlstellungen und Schäden an den kleinen Wirbelgelenken führen, Bandscheibenprotrusion, ein verhärteter Muskelstrang). Meist wird ein Hexenschuss nicht durch einen Bandscheibenvorfall verursacht, sondern eher von einer Vorwölbung der Bandscheibe. Auslöser sind: Schweres Heben, abrupte Bewegung, Kälte oder Nässe, Husten, Niesen.
Am häufigsten betroffen von einem Bandscheibenvorfall oder einer -portrusion sind die letzte und vorletzte Lendenwirbelbandscheibe, seltener die Bandscheiben der unteren Halswirbelsäule. Meist treten solche Ereignisse zwischen dem 25. und 45. Lebensjahr auf.
Ursachen & Risikofaktoren
Die Bindegewebshülle um die Bandscheibe wird mit dem Alter anfälliger für Risse. Wenn die Bindegewebshülle zerreißt, kann der Gallertkern der Bandscheibe aus dem Zwischenwirbelraum austreten und auf Rückenmarksnerven oder Gelenkkapseln der kleinen Wirbelgelenke drücken.
- Ursachen für den Bandscheibenvorfall und die Bandscheibenvorwölbung sind:
- chronische oder plötzliche Überbelastung bei vorgeschädigter Bandscheibe
- Fehlhaltung und Fehlbelastung über längere Jahre
- Bewegungsmangel
- Neigung zu frühzeitigem Verschleiß, was individuell sehr unterschiedlich sein kann
Krankheitsbild & Symptome
Ein Bandscheibenvorfall kündigt sich häufig durch gelegentliche Rückenschmerzen an, die oft im Sitzen oder beim Heben schwerer Gegenstände auftreten. Der akute Bandscheibenvorfall tritt meist sehr plötzlich auf. Man kann z. B. auch im Schlaf oder morgens beim Aufstehen „überrascht“ werden. Es genügt manchmal schon eine einfache Drehung, wenn eine Vorschädigung besteht. Der Vorfall ist die Folge von bereits über längere Zeit ablaufenden Veränderungen an der Bandscheibe.
Die häufigsten Symptome sind:
- Schmerzen
- schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen
- Muskelverspannungen
- Gefühlsstörungen
- Nervenausfälle mit Lähmungserscheinungen
Gefühlsstörungen äußern sich z. B. als Kribbeln und Taubheitsgefühl; Nervenausfälle führen zu Lähmungserscheinungen, die auf eine bestimmte Körperregion beschränkt sind – und zwar jene, die von dem betroffenen Rückenmarksnerven versorgt wird. Das gleiche gilt für den Schmerz, der meist stechend und ziehend ist.
Ist die Lendenwirbelsäule betroffen, kann der Schmerz bis in die Beine ausstrahlen. Es können auch nur Beschwerden im Bein auftreten. Dann spricht man von einer Ischialgie. Sind Beschwerden im Rücken und dem Bein vorhanden, liegt eine Lumbo-Ischialgie vor. Die Reflexe sind abgeschwächt, die Bewegung der Wirbelsäule eingeschränkt. In besonders schweren Fällen gibt es auch Probleme beim Wasserlassen und Stuhlgang.
INFO Ischialgie (Schmerzen entlang dem Verlauf des Nervus ischiadicus)
Auch hier ist die Ursache meist ein Bandscheibenvorfall. Er verursacht jedoch nur Beschwerden im Gesäß und im Bein.
INFO Lumbo-Ischialgie
Ähnelt dem „Hexenschuss“, jedoch strahlen die Schmerzen in die Rückseite des Oberschenkels und Außenseite des Unterschenkels und Fuß aus. Die Schmerzen sind häufig mit Gefühlsstörungen (Kribbeln, Taubheit) und mitunter Lähmungen verbunden. Die Ursache ist meist ein Bandscheibenvorfall. In der Regel sind der vierte (L4) und fünfte (L5) Lendenwirbel oder der erste Kreuzbein- (Sakral)wirbel (S1) betroffen.
Ein Bandscheibenvorfall an der Halswirbelsäule (zervikaler Bandscheibenvorfall) ist eher selten. Die Beschwerden sind dafür meist wesentlich stärker und schwieriger zu behandeln als beim lumbalen Bandscheibenvorfall. In der Hälfte der Fälle wird eine Operation notwendig. Schmerzen und Gefühlsstörungen strahlen in Arm, Schulter und einzelne Finger aus.
Auswirkungen
Folgen eines Bandscheibenvorfalls sind Muskelverspannungen, Bewegungseinschränkungen, Fehlhaltungen. Störungen der Nerven können vorübergehend oder auch langanhaltend sein. Es können sogar nicht mehr reparable Nervenschädigungen und Lähmungen auftreten. In schweren Fällen sind die Betroffenen gezwungen, ihren Beruf aufzugeben.
Erkennung & Untersuchungen
Wichtig für die Diagnose sind Leitsymptome wie Schmerzen und Gefühlsstörungen, die auf einen bestimmten Körperabschnitt beschränkt sind – sogenannte radikuläre Symptome.
Häufig sind Zusatzuntersuchungen erforderlich:
Röntgenaufnahmen: Sie zeigen Verschleißerscheinungen und Wirbelverschiebungen.
Computertomographie: zeigt mehr Details als die Röntgenaufnahme.
Kernspintomographie: Besitzt eine noch bessere Auflösung als die Computertomographie.
- Myelographie
Die Myelographie stellt die röntgenographische Darstellung des Rückenmarks bzw. des Wirbelkanals mithilfe von Kontrastmitteln. - Elektromyographie
Darstellung der Aktionsstörme der Muskulatur. Die Ableitung erfolgt über Nadelelektroden, die in den Muskel eingestochen werden oder über Oberflächenelektroden, die aufgeklebt werden. Damit lässt sich feststellen, ob die den Muskel versorgenden Nerven noch funktionieren. Wird eingesetzt bei Bandscheibenvorfall oder Polyneuropathie. - Elektroneurographie
Elektroneurographie: Ableitung und Registrierung elektrischer Potentiale aus Nerven bzw. Nervengewebe. Mit dieser Methode bestimmt man Nervenleitungsgeschwindigkeiten. Wird unter anderem zur Diagnose von Neuropathien eingesetzt.
Therapie
Um die Nervenwurzeln zu schonen ist zunächst Bettruhe angezeigt, so lange bis die Schmerzen abklingen. Gleichzeitig erhält man eine medikamentöse Therapie zur Schmerzlinderung. Sind die Schmerzen abgeklungen, beginnt die physikalische Therapie.
Einen günstigen Effekt hat Kortison. Es verringert die Schwellung, nimmt damit den Druck von der Nervenwurzel und lindert den Schmerz oft schon innerhalb weniger Stunden. Zusätzlich können einfache Schmerzmittel wie z. B. Ibuprofen, Diclofenac hilfreich sein, die gleichzeitig antientzündlich wirken.
Physiotherapie
Wärmebehandlungen: Wärme steigert die Durchblutung und unterstützt den Abtransport von Entzündungssubstanzen. Muskeln werden gelockert, das Bindegewebe wird elastischer und die Gelenkschmiere flüssiger. Als Wärmeanwendungen bieten sich an: Warme Umschläge (z. B. feucht-heißer Heublumensack, Schlammpackungen, Fango) warmes Bad (mit Zusätzen, die Muskeln lockern wie z. B. Wacholder), Dampfbad, Infrarotlicht, Sauna.
Ultraschall
Ultraschallwellen erzeugen eine Vibration, wobei die Schallwellen etwa acht Zentimeter tief eindringen. Dies fördert die Durchblutung und lockert die Muskeln auch in tieferen Schichten. Auch Verklebungen, die durch alte Entzündungen entstanden sind, lösen sich. Vermutlich beeinflusst Ultraschall auch die Schmerzweiterleitung der Nerven.
Die Wirbelsäule des Menschen wird durch den aufrechten Gang ein Leben lang außergewöhnlich stark beansprucht. Dementsprechend gehören gesundheitliche Probleme
mit der Wirbelsäule zu den häufigsten Gesundheitsstörungen überhaupt. Sie werden durch zusätzliche berufliche und sportliche Überbelastungen noch gefördert. Rechtzeitig gezielte Gymnastik und Rückenschule können diese Probleme mildern.
TENS (Transcutane elektrische Nervenstimulation): Bei diesem Verfahren werden Nervenendigungen an Triggerpunkten oder Akupunkturpunkten elektrisch stimuliert. Dadurch kommt es zu einer Schmerzreduktion.
Kochsalzinjektionen
Beruht auf dem gleichen Prinzip wie TENS. Nur dass diesmal Nervenendigungen statt mit elektrischem Strom durch eine Injektion mit Kochsalzlösung stimuliert werden. Auch dadurch werden die Schmerzen gelindert.
Wichtig: Nicht allein auf passive Maßnahmen bauen, sondern frühzeitig mit aktiven Übungen kombinieren (Krankengymnastik und Rückenschule!).
Operationen
Ein akuter Bandscheibenvorfall mit unvollständigen Lähmungserscheinungen muss zwar oft, aber nicht in jedem Fall operiert werden. Eine Operation ist allerdings immer angezeigt bei sogenannter Kaudasymptomatik Info, wenn Lähmungserscheinungen in den Beinen sowie Probleme beim Wasserlassen und Stuhlgang bestehen.
INFO Kaudasymptomatik
Lähmungserscheinungen mit Schmerzen und Gefühlsstörungen in Beinen und Gesäß. Auch Darm und Blase können betroffen sein. Kann bei einem Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelbereich auftreten und gilt als eine Indikation für eine Operation.
Es gibt mehrere Möglichkeiten zur Druckentlastung: Entfernen des vorgetretenen Bandscheibenkerns, manchmal mit Versteifung benachbarter Wirbel. Entfernung ganzer oder teilweiser Wirbelkörper. Auflösen des ausgetretenen Bandscheibengewebes durch Chemonukleolyse. Minimal-invasiver Eingriff: Bandscheibengewebe wird mit Hilfe von Laser oder speziellen Instrumenten abgetrennt und abgesaugt.
INFO Chemonukleolyse
Unter Lokalanästhesie mittels Punktion wird der gallertartige Bandscheibenkern nach einem Bandscheibenvorfall mit Enzymen aufgelöst und dann abgesaugt.
Vorbeugung
Wichtig zur Vorbeugung eines erneuten Bandscheibenvorfalls ist der Aufbau und das Training der Rückenmuskulatur mit Hilfe von Krankengymnastik und Rückenschule, wo man auch den richtigen „Umgang“ mit dem Rücken lernt.
Krankengymnastik
Hier werden unter anderem Dehnungsübungen zur Lockerung der Muskulatur mit aktiven Übungen zum Aufbau der Muskulatur kombiniert.
Rückenschule
Ebenfalls sehr empfehlenswert für Patienten mit häufig wiederkehrenden oder chronischen Rückenschmerzen. Sie lernen alltägliche Tätigkeiten auszuführen, ohne dabei den Rücken unnötig zu belasten. Beispiel: Beim Heben den gebeugten Rücken nicht durchstrecken. Zum Heben vorher in die Knie gehen und die Kraft der Oberschenkel nutzen.
Häufige Fragen
Ich hatte vor längerer Zeit einen Bandscheibenvorfall und habe seitdem ständig Probleme mit dem Rücken. Kann mir eine Bandscheibenoperation helfen?
Operationen bei chronischen Rückenschmerzen führt man heute allgemein viel zurückhaltender durch als früher. Bei chronischen Schädigungen der Bandscheibe bestehen mitunter ausgedehnte Schädigungen der Nervenwurzel. Auch wenn die Nervenwurzel durch eine Operation entlastet wird, kann eine postoperative Besserung nicht garantiert werden.
Wie kann ich mich vor einem Bandscheibenvorfall schützen?
Zu den Risikofaktoren zählen schweres Heben, Bewegungsmangel und langjährige Fehlhaltungen. Es gibt aber auch Menschen, die einfach frühzeitig Verschleißerscheinungen an den Bandscheiben haben, was wahrscheinlich anlagebedingt ist. Ein guter Schutz ist das Training der Rückenmuskulatur, um der Wirbelsäule einiges an Haltearbeit abzunehmen. Besuchen Sie eine Rückenschule. Dort lernen Sie, wie man sich „rückengerecht benimmt“.
Darf ich nach einem Bandscheibenvorfall noch Sport treiben?
Eine vernünftige und gemäßigte sportliche Betätigung ist sogar empfehlenswert. Allerdings sollte man Sportarten, welche die Wirbelsäule unnötig stark belasten meiden. Dazu zählen z. B. Tennis, Badminton, Squash, Reiten, Skiabfahrt , Kunstturnen oder Turmspringen. Besonders empfehlenswert sind dagegen Sportarten wie Schwimmen, Radfahren, Skilanglauf, Wandern. Wer an der Bandscheibe operiert wurde, sollte erst nach etwa drei Monaten mit einem leichten Training beginnen.
Wichtige Adressen
Aktion Gesunder Rücken e. V.
Postfach 1361
27423 Bremervörde
Tel.: 04761/979179
Fax: 04761/979180
Bundesverband der deutschen Rückenschulen (BdR) e. V.
Lingener Str. 12
48155 Münster
Tel.: 0251/6090707
Deutsche Schmerzhilfe
Sietwende 20
21720 Grünendeich
Tel. 04142/810434
Fax: 04142/810435