Colitis ulcerosa gehört wie Morbus Crohn zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankung und ist eine der häufigsten Darmerkrankungen in Westeuropa. Sie verläuft in Schüben, das heißt, Phasen mit „hoher Entzündungsaktivität“ und starken Beschwerden wechseln mit sogenannten „Ruhephasen“ ab, in denen die Patienten weitgehend oder völlig beschwerdefrei leben können. Insgesamt sind in Deutschland etwa zwischen 30.000 bis 60.000 Einwohner an Colitis ulcerosa erkrankt. Zwischen 15 und 30 Jahren beginnt die Krankheit meist, aber auch jüngere Kinder können betroffen sein.
Ursachen & Risikofaktoren
Die genauen Ursachen, die zu einer Colitis ulcerosa führen, sind bis heute weitgehend unbekannt. Da die Darmerkrankung gehäuft innerhalb einer Familie angetroffen wird, spielt offenbar eine genetische Veranlagung eine Rolle. Das Krankheitsrisiko ist bei Verwandten ersten Grades eines Patienten etwa 30fach höher als in der Normalbevölkerung. Stadtbewohner erkranken häufiger als Landbewohner, der Einfluss von Umweltfaktoren ist aber nicht endgültig geklärt. Über Monate gestillte Säuglinge erkranken später seltener an einer Colitis ulcerosa.
Krankheitsbild
Colitis ulcerosa ist eine Entzündung des Dickdarms, die mit der Bildung von Geschwüren einhergeht. Die Entzündung befällt nur die oberflächlichen Schleimhautschichten der Darmwand. Die Erkrankung beginnt oft mit entzündlichen Veränderungen im Mastdarm (Rektum), dem untersten Abschnitt des Dickdarms. Bleibt die Entzündung auf den Mastdarm begrenzt, spricht der Arzt von einer Proktitis. Vom Mastdarm aus kann sich die Entzündung jedoch kontinuierlich weiter im Dickdarm ausbreiten. Eine Entzündung des gesamten Dickdarms ist relativ selten. Die häufigste Form ist der Befall des linken Arms des Dickdarms, im Fachjargon: die Linksseitenkolitis.
In der akuten Krankheitsphase der Colitis ulcerosa stehen Bauchschmerzen vor und während der Stuhlentleerung und vor allem blutiger Durchfall (teilweise bis zu 30mal am Tag) im Vordergrund der Beschwerden. Die Patienten verspüren häufigen Stuhldrang und setzen mehrmals am Tag und in der Nacht kleine Mengen Stuhl, Schleim und Blut ab.
Ist der gesamte Dickdarm entzündet, sind die Durchfälle besonders schwer und führen zu einem enormen Flüssigkeits- und Blutverlust. Fieberschübe und Gewichtsabnahme können hinzu kommen. Einerseits ist der Gewichtsverlust natürlich auf eine verminderte Nahrungsaufnahme mit Nährstoff-, Eisen- und Vitaminmangel zurückzuführen. Andererseits baut die entzündete Dickdarmschleimhaut vermehrt körpereigenes Eiweiß ab. Als Folge all dieser Vorgänge fühlen sich die Patienten häufig abgeschlagen, müde und kurzatmig. Ist nur der Mastdarm entzündet, können Phasen mit Verstopfung auftreten.
Außerdem kann die Colitis ulcerosa auch Symptome und Erkrankungen auslösen, die sich außerhalb des Magen-Darm-Traktes, z.B. an der Haut, an Gelenken oder an den Augen, bemerkbar machen (sogenannte extraintestinale Begleiterkrankungen bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen).
Auswirkungen
Unter einer konsequenten Behandlung verläuft eine Colitis ulcerosa meist günstig. Verschlechterungen und Entzündungsschübe können durch Medikamente gut beherrscht werden. Die Mehrzahl der Betroffenen ist in ihrer Arbeitsfähigkeit nur wenig oder gar nicht eingeschränkt, ihre Lebenserwartung ist nicht kürzer als die der Normalbevölkerung. Lebensbedrohliche Komplikationen der Colitis ulcerosa (z. B. ein Darmdurchbruch in den Bauchraum) sind heute sehr selten geworden.
Patienten mit Colitis ulcerosa haben ein höheres Risiko, an Dickdarmkrebs zu erkranken. Krankheitsdauer, die Größe der befallenen Darmregion und ein jugendliches Alter bei Krankheitsbeginn sind Faktoren, die das Krebsrisiko erhöhen. Eine konsequente Langzeitbehandlung mit Mesalazin-haltigen Medikamenten kann das Darmkrebsrisiko möglicherweise verringern.
Der Arzt wird deshalb bei Patienten mit mehr als 10jähriger „Colitis-Geschichte“ den weiteren Krankheitsverlauf durch regelmäßige Dickdarmspiegelungen (Koloskopie) mit Entnahme von Gewebeproben (Biopsie) empfehlen. Werden krebsartige Zellveränderungen (Dysplasien) frühzeitig entdeckt, kann eine operative Entfernung des Dickdarms eine Heilung herbeiführen.
Zu den starken körperlichen Einschränkungen kommt noch die seelische Belastung – Betroffene stoßen in ihrem sozialen Umfeld häufig auf Unwissenheit, Unverständnis und zum Teil auf Ablehnung. Hinzu kommt, dass sie in der Arbeitswelt oft als „nicht belastbar“ gelten
Prognose & Untersuchungen
Da die Beschwerden zu Beginn einer Colitis ulcerosa meist leicht und relativ uncharakteristisch sind, vergehen bis zur eindeutigen Diagnose der Erkrankung oftmals Monate oder Jahre. Auch Darminfektionen mit verschiedenen Krankheitserregern (z.B. Salmonellen) können Symptome wie Durchfälle, Bauchschmerzen und Fieber verursachen. Deshalb muss der Arzt zunächst eine mikrobiologische Untersuchung des Stuhls vornehmen und eine infektiöse Darmerkrankung ausschließen.
Mit einer Ultraschalluntersuchung (Sonographie) und Röntgenuntersuchung des Bauchraumes werden der Zustand des Darms und anderer Organe beurteilt.
Bei Verdacht auf Colitis ulcerosa wird der Arzt eine Darmspiegelung (Rektoskopie und/oder Koloskopie) durchführen. Dabei findet er an der Mast- und/oder Dickdarmschleimhaut diffuse Rötungen und oberflächliche, mitunter aber ausgedehnte Geschwüre. Die Schleimhaut blutet leicht. Gleichzeitig kann die Darmwand von entzündeten, gutartigen Wucherungen (Pseudopolypen) durchsetzt sein.
Während der Darmspiegelung werden kleine Gewebeproben aus der Darmwand entnommen und anschließend untersucht (Biopsie). Oft ist eine genaue Unterscheidung zwischen Colitis ulcerosa und Morbus Crohn, der zweiten häufigen Form chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen, nur mit Hilfe dieser Untersuchung möglich.
Therapie
Die medikamentöse Therapie der Colitis ulcerosa richtet sich nach den Symptomen und dem Ausmaß der Entzündung an der Dickdarmschleimhaut. Der Arzt wird eine Behandlung vorschlagen, die dem individuellen Krankheitsverlauf gerecht wird.
5-Aminosalicylsäure
Dieser Wirkstoff wird auch als 5-ASA oder Mesalazin bezeichnet (rezeptpflichtig). Mesalazin ist sehr viel besser verträglich als Kortikosteroide und kann bei Patienten mit nur mäßig aktiver Colitis ulcerosa die Entzündung erfolgreich bekämpfen. Das Medikament wird als Tablette, als Einlauf (Klysmen) oder als Zäpfchen verabreicht. Eine „Erhaltungstherapie“ mit Mesalazin schützt vor neuen Krankheitsschüben. Mesalazin kann wegen seiner guten Verträglichkeit auch zur Dauertherapie der Colitis ulcerosa eingesetzt werden. Die Gruppe der Sulfasalazine wird in der Therapie von Colitis ulcerosa aufgrund der guten Verträglichkeit von Mesalazin heute seltener eingesetzt.
Kortikosteroide
Im akuten Stadium einer Colitis ulcerosa mit Befall des ganzen Dickdarms sind Kortisonpräparate (Kortikosteroide), z.B. Prednisolon oder Methylprednisolon, die wichtigsten Medikamente (rezeptpflichtig). Sie werden entweder als Tabletten oder als Injektion gegeben. Leider sind die Kortikosteroide bei längerer Einnahme mit einer Reihe von Nebenwirkungen verbunden (z.B. Schwellung von Gesicht und Unterschenkeln, Gewichtszunahme oder Knochenschwund). Ist der Darm stark entzündet, sind sie jedoch unverzichtbar. Das lokal wirksame Kortikosteroid Budesonid (rezeptpflichtig) ist eine nebenwirkungsarme Alternative.
Azathioprin
Azathioprin (rezeptpflichtig) gehört in die Gruppe der Immunsuppressiva. Es gilt heute als Reservemedikament für schwere Fälle und wird z.B. eingesetzt, wenn die Entzündung mit anderen Mitteln nicht eingedämmt werden kann.
Cyclosporin
Cyclosporin (rezeptpflichtig) ist ebenfalls ein Immunsuppressivum und gilt als Reservemedikament.
Bakterientherapie
Um eine Ruhephase der Erkrankung möglichst lange zu erhalten, hat sich neuerdings bei manchen Patienten auch eine Behandlung mit einem Bakterienstamm (Escherichia coli, Stamm Nissle 1917) bewährt.
Chirurgische Behandlung: OP
Bei besonders schwerer langjähriger Entzündung des Dickdarms und wenn die Beschwerden auf Medikamente nicht ansprechen, muss eventuell der Dickdarm operativ entfernt werden. Dies hat einen dauerhaften künstlichen Darmausgang oder die Bildung eines künstlichen Stuhlreservoirs (Pouch) zur Folge. Bei dieser zweiten Operationsmethode wird nach Entfernung des Dickdarms der Dünndarm mit dem natürlichen Darmausgang verbunden. Vor dem After wird aus einer Schlinge des Dünndarms das Reservoir gebildet. Dank dieser modernen Operationsmethode können sich die Patienten frei bewegen und gelten als geheilt.
Colitis ulcerosa bei Schwangeren
Schwangerschaft und Colitis ulcerosa schließen sich nicht aus. Die Fruchtbarkeit ist bei Frauen mit Colitis ulcerosa in keiner Weise eingeschränkt und sie haben die gleichen Chancen, ein gesundes Kind zu bekommen, wie gesunde Frauen. Die Schwangerschaft sollte aber immer intensiv durch den Frauenarzt und den Internisten betreut werden.
Folgende Punkte sollten Sie beachten:
Die Colitis ulcerosa hat keinen negativen Einfluss auf die Schwangerschaft. Allerdings kann eine Schwangerschaft den Verlauf der Darmerkrankung verschlechtern. Dies geschieht bei etwa einem Drittel der Patientinnen. Die Verschlechterung kann aber durch die heutigen Medikamente gut beherrscht werden.
Während der Schwangerschaft sollte die medikamentöse Therapie fortgesetzt werden. Mesalazin, wie es bei Colitis ulcerosa sehr häufig eingesetzt wird , hat keine schädigende Wirkung auf das Ungeborene. Mesalazin muß während der Stillzeit nicht abgesetzt werden. Kortison-haltige Medikamente sollten in der Stillphase auf eine Minimaldosis verringert werden. Medikamente wie Azathioprin oder Cyclosporin sind in der Schwangerschaft zu meiden.
Häufige Fragen
Kann ich selbst etwas zur Besserung meiner Krankheit tun?
Ja. Sie können selbst zu ihrem Wohlbefinden beitragen: Körperliche Ruhe, eine ausgeglichene Lebensweise und das genaue Befolgen der vom Arzt verordneten Maßnahmen helfen dabei, die Krankheit unter Kontrolle zu halten. Vermeiden sie möglichst Anspannung und Stress, denn seelische Einflüsse können eine mitauslösende Wirkung bei Entzündungsschüben haben.
Gibt es besondere Diätempfehlungen?
Eine spezielle „Colitis-Diät“ gibt es nicht. Im akuten Schub ist eine möglichst leichte Kost zu empfehlen. Essen Sie, was Ihnen schmeckt und vermeiden sie Speisen, die sie nicht gut vertragen. Achten Sie dabei auf eine ausgewogene, gesunde Ernährung. Raffinierten Zucker, gehärtete Fette und blähende Nahrungsmittel wie Hülsenfrüchte sollten Sie möglichst meiden. Bei starkem Gewichtsverlust kann eine nährstoffreiche Astronautendiät helfen. Es gibt sie auch in schmackhafter Form, die man trinken kann. Kommt es bei Entzündung des Enddarms zu Verstopfung, gestalten sie Ihre Ernährung ballast- und faserstoffreicher (z. B: mit Getreideprodukten, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten).
INFO Astronautendiät
Astronautennahrung (oder Elementardiät) enthält alle wichtigen Nährstoffe in flüssiger Form, so dass der normale Verdauungsprozess in Magen und Darm überflüssig wird. Da diese Art von Nahrung meistens schlecht schmeckt und weil zweitens die Verdauungsfunktion einzelner Darmabschnitt stark eingeschränkt sein kann, wird die Astronautendiät in der Regel über eine Ernährungssonde direkt in den Magen bzw. den Dünndarm geleitet. Der Darm wird damit für längere Zeit entlastet, so dass eine Entzündung besser abheilen kann. Durchfälle und Bauchschmerzen lassen nach. Außerdem verhindert die Astronautendiät drohendes Untergewicht und versorgt den Körper mit allen lebenswichtigen Substanzen.
Wichtige Adressen
Deutsche Morbus Crohn/Colitis-ulcerosa-Vereinigung (DCCV) e.v.
Paracelsusstraße 15
51375 Leverkusen
Tel.: 0214 / 87 608-0
Fax: 0214 / 87 608-88
Homepage: http://www.dccv.de
(mit Mitgliederzeitschrift, Newsletter per Email und aktueller Literatur zum Thema)
Hilfe bei Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen –
CED-Hilfe-e.V.
Fuhlsbüttler Straße 401
22309 Hamburg
Tel.: 040 / 63 23 740
Informationen zu Stomaproblemen:
Deutsche Ileostomie-Colostomie-Urostomievereinigung – ILCO – e.V.
ILCO-Bundesverband
Landshuter Straße 30
85356 Freising
Tel.: 081 61 / 93 43 01 / 02
Fax.: 081 61 / 93 43 04