Drogensucht (bei Kindern) verstehen: Ursachen, die Sucht bekämpfen mit Therapie & Hilfe

Drogenprobleme? – Mein Kind nicht! Oder doch? – Vielleicht!

Gerade Eltern sollten sich mit diesem Thema auseinandersetzen, denn Kinder und Jugendliche sind durch Drogen am meisten gefährdet. Kontakt mit Drogen, mit Alkohol und Nikotin, aber auch mit illegalen Drogen haben die meisten irgendwann einmal. Allein weil es Drogen gibt, wird niemand süchtig. Eltern können einiges tun, um ihre Kinder vor Drogenproblemen zu schützen. Und wenn „es“ doch passiert ist, ist noch nicht alles verloren.

Arten von Drogen

Cannabisprodukte

Die indische Hanfpflanze liefert die Grundstoffe für Haschisch, das aus dem Harz hergestellt wird und Marihuana, das aus zerkleinerten und getrockneten Blüten und Blättern gemacht wird.

Art der Einnahme

  • Rauchen vermischt mit Tabak
  • Tee
  • Essen in Speisen gemischt

Wirkungen

  • verstärken euphorische oder depressive Grundstimmungen, hängt von der Grundstimmung des Konsumenten ab
  • verändern die Sinneswahrnehmungen, insbesondere das Geräusch- und Farbempfinden
  • verändern das Zeit- und Raumgefühl

Risiken

  • Psychische Abhängigkeit
  • Apathie, Antriebslosigkeit
  • Persönlichkeitsveränderungen
  • erhöhtes Krebsrisiko
  • vermindertes Leistungs- und Konzentrationsvermögen
  • unerwartete Rauschsymptome als Folge mehrtägiger Abbauphase des Wirkstoffes im Körper („flashback“)
  • zahlreiche Inhaltsstoffe mit ungeklärter Wirkung

Kokain

Kokain ist ein weißes Pulver, gewonnen aus den Blättern des Kokastrauches.

Art der Einnahme

  • Schnupfen
  • Spritzen
  • Schlucken

Wirkungen

  • Intensives Gefühlsempfinden, übersteigertes Selbstwertgefühl
  • Abbau von Hemmungen
  • angeregte Sexualität
  • Euphorie, Rede- und Bewegungsdrang
  • Betäubung von Hunger-, Durst-, Kälte- und Müdigkeitsgefühlen
    bei längerer Einnahme auch Verfolgungswahn, Depressionen, – Halluzinationen

Risiken

  • starke psychische Abhängigkeit bereits nach kurzer Zeit
  • schnelle Toleranzentwicklung, d.h. schnelle Dosissteigerung nötig
  • akute Gefahr: Atemlähmung/Herzschwäche mit Todesfolge bei Überdosierung
  • Depressionen, Halluzinationen und Wahnvorstellungen und daraus resultierende Suizidneigung
  • verstärkte Bereitschaft zu Gewalttätigkeiten und Aggressionshandlungen
  • Lungen- und Gehirnschäden
  • Schädigungen der Nasenscheidewand

Crack

Crack ist mit weiteren Zusatzstoffen zu Klümpchen verbackenes Kokain.

Art der Einnahme

  • Rauchen

Wirkungen

  • schlagartiger Rauscheintritt
  • stark euphorisierend, ähnlich Kokain

Risiken (ähnlich Kokain)

  • schnell eintretende körperliche und psychische Abhängigkeit
  • häufig Atemstörungen/Herzschwäche aufgrund des schnellen Wirkungseintritts
  • Schlafstörungen
  • körperliche Auszehrung aufgrund von Appetitmangel

Designerdrogen (Ecstasy, Speed)

Verarbeitung/Verbindung verschiedener chemischer Grundstoffe zu neuen Stoffen, die die Wirkung verschiedener Drogen nachahmen

Art der Einnahme

  • Schlucken

Wirkungen

  • sehr unterschiedlich, oft nicht vorhersehbar durch verschiedene chemische Wirkstoffzusammensetzungen
  • aufputschend
  • vorübergehend leistungssteigernd
  • Verlust des Hunger-, Durst- und Müdigkeitsgefühls

Risiken

  • psychische Abhängigkeit, je nach Zusammensetzung auch körperliche Abhängigkeit
  • Anstieg der Körpertemperatur auf bis zu 41°C, d.h. eine Überhitzung des Körpers mit oft extremem Flüssigkeitsverlust und Störung des Mineralhaushalts bis zu Zusammenbrüchen mit Todesfolge
Risiken bei längerem Konsum
  • Schlafstörungen
  • Verwirrtheit, Konzentrationsstörungen
  • Leber- und Nierenschäden
  • Depressionen, Psychosen und Hirnschäden

Halluzinogene (z.B. LSD)

Chemisch unterschiedliche Stoffe, die aus Pflanzen gewonnen oder synthetisch (LSD) hergestellt werden.

Art der Einnahme

  • Schlucken in Flüssigkeit gelöst oder auf Tabletten, Zuckerstücken, Löschpapier getropft

Wirkungen

  • Intensivierung positiver wie negativer Gefühle
  • Halluzinationen, Wahnvorstellungen
  • „Horrortrips“ mit massiven Angstzuständen, Suizidgefahr

Risiken

  • psychische Abhängigkeit
  • Psychosen
  • unvermittelt auftretende Rauschzustände („flashback“) noch Wochen und Monate nach dem letzten LSD-Konsum

Opiate

Opiate sind Heroin, Opium und Morphium. Sie werden aus dem Milchsaft der unreifen Schlafmohnkapsel hergestellt.

Art der Einnahme

  • Spritzen (Heroin)
  • Rauchen (Opium)
  • selten Schlucken oder Inhalieren

Wirkungen

  • Euphorie, Gelöstheit
  • gesteigertes Selbstvertrauen
  • Gleichgültigkeit gegenüber Anforderungen und Problemen
  • Beruhigung, Schmerzbetäubung

Risiken

  • Körperliche und psychische Abhängigkeit nach kurzer Zeit
  • akute Gefahren bei Überdosierung: Bewusstlosigkeit, Atemlähmung/Herzschwäche mit Todesfolge
  • Infektionsgefahr durch nichtsterile Spritzen (AIDS; Hepatitis B)
  • Schäden durch gesundheitsgefährdende Strecksubstanzen
  • Körperlicher Verfall

Ursachen/Risikofaktoren

Eindeutige Risikofaktoren für Drogensucht gibt es nicht, nur Eigenschaften und Verhaltensweisen, die Eltern aufmerksam machen sollten.

Risikofaktoren in der Persönlichkeit

  • Kein oder wenig Selbstvertrauen
  • Kontaktschwierigkeiten
  • Unselbständigkeit
  • Passivität
  • Übermäßige Leistungsanforderungen an sich selbst
  • Geringe Konfliktfähigkeit
  • Geringe Fähigkeit oder Bereitschaft, Probleme zu lösen

Wenn Eltern derartige Anzeichen nicht nur vorübergehend beobachten, sollten sie nach den Ursachen suchen und zunächst mit anderen Kontaktpersonen ihrer Kinder (Lehrer, Jugendleiter etc.) sprechen.

Sollte das Problem schwerwiegender sein, bieten fast überall Familien- oder Erziehungsberatungsstellen professionelle Hilfe an.

Risikofaktoren im sozialen Umfeld

  • Schwierigkeiten in Familie, Schule und/oder Beruf
  • Überzogener Leistungsdruck
  • Wenig emotionale Zuwendung
  • Verlust von geliebten Menschen
  • Schlechte Zukunftsperspektiven

Risikofaktoren durch die Drogen selbst

  • Drogen blenden das reale Leben aus und lassen vorübergehend vieles erträglicher erscheinen
  • Die Verfügbarkeit erleichtert den Griff zu Drogen

Alle diese Risikofaktoren können in die Drogensucht führen.
Sie tun dies aber nicht zwangsläufig.

Krankheitsbild

Sucht ist ein krankhaftes, unbezwingbares Verlangen zur fortgesetzten Einnahme eines bestimmten Stoffes. Diese Suchtmittel erzeugen körperliche oder psychische Abhängigkeit. Körperliche Abhängigkeit entsteht durch die Gewöhnung des Organismus an das jeweilige Suchtmittel. Der Stoff wird ebenso benötigt wie Essen und Trinken. Der Körper gewöhnt sich so sehr an den Stoff, dass der Abhängige die Dosis ständig steigern muss, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Beim Absetzen des Suchtmittels treten körperliche Entzugserscheinungen auf, deren Symptome Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwindel, Schmerzzustände, Schweißausbrüche, Frieren oder Zittern sein können.

Psychische Abhängigkeit ist das zwanghafte Verlangen, einen bestimmten Stoff immer und immer wieder einzunehmen. Das Suchtmittel wird zur „Lebensstütze“, ohne die das innere Gleichgewicht nicht mehr hergestellt oder aufrechterhalten werden kann. Eine Droge, die „nur“ psychisch abhängig macht ist deshalb nicht harmlos. Die Behandlung einer psychischen Abhängigkeit ist wesentlich schwieriger und zeitaufwendiger als die einer körperlichen Abhängigkeit.

Auswirkungen

Allgemeine Folgen von Drogensucht sind unabhängig von den jeweiligen Stoffen der hohe Geldbedarf. Betroffene können ihre Sucht oft nur durch Beschaffungskriminalität und/oder Prostitution finanzieren. Die Folgen daraus (Strafverfolgung, soziale Verwahrlosung) potenzieren die Probleme der Drogensucht.

Erkennung/Untersuchungen

Eltern möchten ihre Kinder verständlicherweise vor Drogen bewahren; viele sind im Zweifel, ob ihre Kinder Drogen konsumieren oder nicht. Es ist schwer bis unmöglich, Drogengebrauch an äußeren Anzeichen sicher zu erkennen. Folgende Anzeichen können Hinweise auf Drogenkonsum sein, sie können aber auch ganz andere Ursachen haben.

  • plötzliche Veränderung des Freundeskreises
  • Wechsel der Freizeitaktivitäten
  • Stimmungsschwankungen (aggressiv, passiv, gereizt…)
  • Konzentrationsstörungen
  • Unruhe, Schlaflosigkeit
  • ständige Müdigkeit, gerötete Augen
  • häufige Schweißausbrüche
  • Steigerung des Geldbedarfs
  • Gegenstände im Besitz des Kindes, deren Zweck nicht eindeutig ist (z.B. Tablettenröhrchen, Briefchen aus Stanniolpapier…)

Diese oder ähnliche Anzeichen können auf Drogenkonsum hinweisen, sie müssen es aber nicht. Sie sollten allerdings der Anlass sein, darüber zu reden.

Therapie

Wenn Eltern den Verdacht oder sogar die Gewissheit haben, dass ihr Kind Drogen konsumiert, ist das Wichtigste: keine Panik!

Das ist leichter gesagt als getan, aber es gibt Auswege und es gibt professionelle Hilfe. Der erste Schritt sollte sein: Reden Sie mit dem Kind! Und gleich danach der zweite: Nehmen Sie Kontakt zu einer Drogenberatungsstelle auf. Selbstversuche zur Problemlösung scheitern fast immer. Die Mitarbeiter der Beratungsstellen unterliegen der Schweigepflicht, auch entstehen Ihnen keine Kosten. Adressen bekommen Sie bei der Stadtverwaltung, aus dem Telefonbuch oder aus dem Internet.

Die Therapie gliedert sich in drei Phasen: Entgiftung, Entwöhnung und Nachsorge. Sie ist erst dann erfolgversprechend, wenn sich der Süchtige aus eigener Überzeugung dazu entschließt. Die Entgiftung erfolgt in der Regel stationär unter ärztlicher Aufsicht. Auf das Absetzen des Suchtmittels setzen Entzugserscheinungen ein, die mit starken körperlichen und psychischen Missempfindungen verbunden sind. Es dauert in der Regel nur wenige Wochen, bis der Körper wieder ohne den Stoff auskommt.

Fast alle Süchtigen kennen Entzugserscheinungen aus Situationen, in denen sie ihren Stoff nicht bekommen konnten. Süchtige haben davor die größte Angst. Intensive Betreuung durch erfahrenes Ärzte- und Pflegepersonal ist in dieser Phase daher von größter Bedeutung. Je nach Abhängigkeit werden die Entzugstherapien auch mit Medikamenten unterstützt. Die Entwöhnung schließt sich direkt an die Entgiftung an. Dies kann in einer Fachklinik oder ambulant in Gruppen- oder Einzelbehandlung geschehen. Die therapeutischen Konzepte sind verschieden, die Ziele aber gleich:

  • Die suchtauslösenden Probleme und Persönlichkeitsfaktoren sollen herausgefunden und aufgearbeitet werden
  • Erlernen von Problemlösungsstrategien und Frustrationstoleranz
  • (Wieder-)erlernen des praktischen Alltagslebens (Termine einhalten etc.)
  • Vorbereitung auf die Rückkehr in den Alltag mit allen Verpflichtungen und Problemen

Nach der Entwöhnungsphase ist eine Nachsorge notwendig. Teilnahme an Selbsthilfegruppen oder Nachbetreuung durch ambulante oder stationäre Therapieeinrichtungen unterstützt den Betroffenen bei seinen ersten Schritten ins reale Leben außerhalb der Therapieeinrichtung.

Vorsorge

Was können Eltern tun, um das Suchtrisiko ihrer Kinder zu reduzieren?

  • Erziehung zur Selbständigkeit, d.h. nicht alle Entscheidungen oder Verpflichtungen abnehmen
  • das Kind weder über- noch unterfordern, d.h. das Kind auf eine Schule schicken, die seinen Fähigkeiten entspricht, d.h. aber auch außerschulische Erfolgserlebnisse ermöglichen
  • den Umgang mit Misserfolgen, Frustrationstoleranz vermitteln
  • dem Kind Verantwortung übertragen
  • das eigene Konsumverhalten überdenken und ggf. ändern

Häufige Fragen

Wie komme ich/mein Kind zu einem Therapieplatz?

Die Vermittlung übernimmt die Drogenberatungsstelle. Der/die Betroffene muss selbst einen Antrag stellen. Darüber hinaus benötigen Sie ein ärztliches Gutachten und einen Sozialbericht einer Drogenberatungsstelle.

Welche Kosten kommen auf mich zu, wenn ich/mein Kind eine Drogentherapie mitmache?

Gesetzlich ist Drogentherapie eine Rehabilitationsmaßnahme, d.h. der Rentenversicherungsträger (ev. der Krankenversicherungsträger) übernimmt die Kosten. Zuzahlungen müssen Sie im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen wie bei jeder anderen Krankenhaus-, Anschlussheilbehandlung oder Rehamassnahme leisten. Für Medikamente gelten die gesetzlichen Zuzahlungen.

Was passiert mit meinem Arbeits- oder Ausbildungsplatz, wenn ich mich in Drogentherapie begebe?

Drogensucht ist als Krankheit anerkannt. Daher gelten dieselben arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie bei jeder anderen Erkrankung im Hinblick auf Kündigungsschutz, Lohnfortzahlung, Kranken- oder Übergangsgeld etc.

Ich habe eine Therapie abgebrochen. Bekomme ich eine zweite Chance?

Sie können binnen einer Woche in die Therapieeinrichtung zurückkehren, sofern Sie nicht rückfällig geworden sind. Liegt der Therapieabbruch längere Zeit zurück, müssen Sie die Therapie neu beantragen (Antrag, ärztliches Gutachten, Sozialbericht der Drogenberatungsstelle). Entscheidend ist, ob Sie ausreichend motiviert sind, damit Aussicht auf einen Therapieerfolg besteht.

Ich bin rückfällig geworden. Bekomme ich noch einmal eine Chance?

Wenden Sie sich an eine Drogenberatungsstelle. Sie müssen die Therapie neu beantragen (Antrag, ärztliches Gutachten, Sozialbericht der Drogenberatungsstelle). Entscheidend ist, ob Sie ausreichend motiviert sind, damit Aussicht auf einen Therapieerfolg besteht.

Ist eine Therapie mit Methadon empfehlenswert?

Methadon ist ein synthetisches Opiat, das im Gehirn an den gleichen Stellen wirkt wie Heroin oder Morphin. Seine Wirkung hält länger an, so dass eine Dosis pro Tag ausreicht. Diese längere Wirkungsdauer erleichtert den Weg zurück in einen geregelten Tagesablauf. Andererseits dauert der Entzug von Methadon länger. Methadon wird geschluckt, d.h. die mit dem Spritzen verbundenen Risiken entfallen. Aber ohne das Spritzen entfällt auch der „Kick“, den Heroinabhängige suchen. Daher suchen die meisten, die auf Methadon umgestellt werden, zumindest anfangs die gewohnten Drogengefühle anderweitig zu erreichen, etwa mit Kokain.

Die Behandlung mit Methadon ist keinesfalls die leichtere Methode. Sie konkurriert nicht mit den anderen Behandlungen, sondern kann sie nur ergänzen. Methadon ist kein Patentrezept, keine Zauberformel, kein Medikament gegen Sucht, für manche allerdings die letzte Chance.

Wichtige Adressen

Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren e.V. (DHS)
Westring 2
59065 Hamm
Tel. 02381/90150
eMail: info@dhs.de
www.dhs.de

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA)
Postfach 910152
52071 Köln
Tel. 0221/8992-0

Infotelefon zur Suchtvorbeugung: 0221/892031

Fachverband Drogen und Rauschmittel e.V. (FDR)
Odeonstraße 14
30159 Hannover
Tel. 0511/18333
Fax 0511/18326
eMail: FDR.Hamm@aol.com

Fachverband Sucht e.V.
Walramstraße 3
53175 Bonn
Tel. 0228/261555
Fax 0228/215885
www.sucht.de