Die Schwangerschaft ist keine Krankheit. Schwangere sind daher durchaus belastbar, wie manche werdende Mutter im Alltagsleben eindruckvoll beweist. Bei einem unkomplizierten Schwangerschaftsverlauf bestehen gegen nicht strapazenreiche Reisen keine Vorbehalte. Dennoch muss bei belastenden Fernreisen beachtet werden:
- Bei Schwangeren ist das Herz-Kreislauf-System zusätzlich belastet
- Die Lungenfunktion kann beeinträchtigt sein (flachere Atmung)
- Eine Blutungsgefahr kann nie völlig ausgeschlossen werden
Bei der Beachtung von Gesundheitsrisiken kommt das Wohl des heranreifenden Kindes hinzu - Die Möglichkeit einer vorzeitigen Entbindung muss einkalkuliert werden (fast jede Fluggesellschaft hat „ihr Neugeborenes“ zu vermelden, das während eines Fluges das Licht der Welt erblickte).
Fluchzeug statt Flugzeug
Bis zu welchem Schwangerschaftsmonat werdende Mütter noch ein Flugzeug benutzen dürfen, ist unterschiedlich geregelt. Die meisten Fluglinien setzten die Grenze bei der 32. Schwangerschaftswoche an. Mit ärztlichem Attest wird meist auch ein Flug bis zur 36. Woche gestattet.
Vor allem lange Flugreisen können für Schwangere nach dem ersten Schwangerschaftsdrittel zur Tortur werden. Die relativ engen Sitze und der Druck der Gebärmutter auf die Venen der Beckenregion potenzieren die Gefahr von Blutstauungen in den Venen mit Thrombenbildung.
Wenn die Blutgerinnsel sich losreißen und mit dem Blutstrom fortgeschwemmt werden (Embolie), dann können lebensbedrohliche Komplikationen auftreten. Jede Schwangere sollte daher im Flugzeug möglichst intensiv Beingymnastik im Flugzeug betreiben (Gangplätze bevorzugen) und möglichst Kompressionsstrümpfe tragen. Für ausreichende Flüssigkeitszufuhr (kein Alkohol!) ist zu sorgen, damit das Blut nicht „eingedickt“ wird.
Die Strahlenbelastung in den üblichen Flughöhen von 10.000 Metern wird oft unterschätzt. Sicher ist sie bei gelegentlichen Flügen zu vernachlässigen. Flugbegleiterinnen oder vielreisende Schwangere müssen aber berücksichtigen, dass die Strahlung durchaus die Hirnentwicklung eines Foeten beeinträchtigen kann. Diese Gefahr besteht besonders in der 8.-15. Schwangerschaftswoche, zu einem Zeitpunkt also, zu dem die sicht- und spürbaren Folgen einer fortgeschrittenen Schwangerschaft noch nicht in Erscheinung treten. Der Grenzwert der Strahlenbelastung liegt bei 0,5 Millisievert bzw. 50 Millirad.
Dass der Sauerstoffgehalt im Flugzeug niedriger als in der erdnahen Atmosphäre ist, spürt man als gesunder Reisender nicht. Wenn ein Kind allerdings ohnehin wenig Blut über die Nabelschnur erhält (Fehllage in der Gebärmutter, Fehlbildungen; Lungen- oder Herzkrankheit der Mutter), kann das ein gewisses Risiko bedeuten. Atemgymnastik kann dem vorbeugen. Auf jeden Fall muss das Rauchen unterbleiben!
Die Reisekrankheit kann bei Schwangeren besonders ausgeprägt sein, da die Übelkeit der Kinetose und die schwangerschaftsbedingte Übelkeit sich aufschaukeln können. Vorbeugende Arzneimittel sind wegen der möglichen Nebenwirkungen kritisch zu beurteilen. Unbedingt sollten der Arzt oder der Apotheker befragt werden.
Hände weg von der Spritze?
Reiseimpfungen in der Schwangerschaft sollten stets sehr sorgsam abgewogen und mit Spezialisten erörtert werden. Die üblichen Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Kinderlähmung, Hepatitis B, Typhus, Meningokokken-Meningitis sowie die Gabe von Blutprodukten mit speziellen Abwehrstoffen (passive Immunisierung) gegen Hepatitis A oder die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) sind ohne Bedenken möglich. Eine Gelbfieber- Impfung sollte erst nach der 12. Schwangerschaftswoche verabreicht werden, wenn es nicht zwingende Gründe für eine frühere Impfung gibt. Impfungen gegen Röteln, Mumps, Masern und Tuberkulose mit sogenannten Lebendimpfstoffen, also abgewandelten oder abgeschwächten Erregern, dürfen während der Schwangerschaft nicht angewandt werden.
Malaria als besonderes Problem
Tritt während der Schwangerschaft eine Malariainfektion auf, dann besteht führ das heranwachsende Kind eine verstärkte Gefahr, wenn nicht ausreichend und rechtzeitig behandelt wird. Es ist nachgewiesen, dass bei schwangeren Malariapatientinnen gehäuft Früh- und Todgeburten auftraten. Auch wenn die Behandlung mit wirksamen Anti-Malaria-Mitteln möglich ist (z.T. aber erst nach dem 4. Schwangerschaftsmonat), sollten Schwangere möglichst auf einen Aufenthalt in Malaria-Risikogebieten verzichten.
Wehe, wenn die Wehen wehen
Völlig ungeeignet sind für Schwangere zumindest ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel Abenteuerreisen oder Urlaubsziele in touristisch unerschlossenen Regionen. Niemand kann garantieren, dass nicht vorzeitig Wehen einsetzen oder ein Fruchtabgang mit hohen Blutverlusten auftritt. Es kann dann lebensrettend sein, wenn eine Klinik mit entsprechender Ausrüstung rasch erreichbar ist.
In den üblichen Urlaubshochburgen ist die ärztliche Versorgung im Notfall gesichert (an die Auslands-Krankenversicherung denken, Mutterpass mitführen!). Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass man spätestens ab der 36. Schwangerschaftswoche sich möglichst weite Reisen ersparen sollte, denn „taggenau“ lässt sich der Beginn der Geburt kaum errechnen.
Wann sollte man als Schwangere nicht reisen?
Generell ist zu raten, dass wegen der noch instabilen Schwangerschaft in den ersten drei Monaten Fernreisen nur bei besonderer Dringlichkeit erfolgen sollten. Vier Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin sollten ebenfalls keine anstrengenden Reisen angetreten werden.
Bei Mehrlingsschwangerschaften raten Experten generell von Reisen ab. Absolute Reise“verbote“ gelten bei drohender Fehlgeburt (Blutungen), anderen Störungen der Schwangerschaft (Blutdruckkrisen u.ä.), vorzeitiger Öffnung des Gebärmutterhalses (Zervixinsuffizienz), Blutarmut (Anämie) oder Komplikationen bei früheren Schwangerschaften.
Bei ausgeprägter Flugangst, die nach den Ereignissen des 11.September 2001 zugenommen hat, sollte ebenfalls keine Flugreise „erzwungen“ werden.
Bei Bus- und Autotouren gilt das, was zur Thrombosegefahr im Flugzeug gesagt wurde. Häufigere Pausen zum Füßevertreten vermindern das Thromboserisiko. Wichtig ist, dass die Sitzgurte richtig angelegt werden. Ansonsten sind – abgesehen von der Unfallgefahr – die Risiken für eine Schwangere nicht wesentlich erhöht. Von Abenteuerreisen per Auto in kaum bewohnte Regionen ist allerdings ebenfalls abzuraten.
Tipps und Weitere Vorsichtsmaßnahmen
Schwangere sollten intensive Sonnenbäder vermeiden, da die Wärme die Blutgefäße erweitert und eine erhebliche zusätzliche Kreislaufbelastung darstellt. Die Sonneneinstrahlung kann auch die ungeliebten Schwangerschaftsflecken verstärken. Gehen Sie nie allein auf Touren, auch wenn Sie sich voll leistungsfähig fühlen. Führen Sie auch möglichst ein Handy für Notfälle mit.
Zu starke körperliche Belastung bei intensivem Sport oder bei Tauchgängen kann zu einem erhöhten Sauerstoffverbrauch führen, was zu Lasten der Blutversorgung der Gebärmutter geht.
Vermeiden Sie Sportarten mit erhöhtem Unfallrisiko, denn als Schwangere sind Sie einerseits in der Beweglichkeit und Reaktionsfähigkeit eingeschränkt, zum anderen haben Unfälle dramatischere Folgen.
Höhenausflüge (2.000 Meter und mehr) sollten Sie unbedingt vermeiden, da in dieser Höhe bereits ein spürbarer Sauerstoffmangel herrscht.