Der Hörsturz, auch „Managerkrankheit des Ohres“ genannt, kann jeden treffen, der beruflicher oder psychischer Überbeanspruchung (Stress) ausgesetzt ist. Er ist gekennzeichnet von einer in Sekunden- oder Minutenschnelle auftretenden Taubheit oder hochgradigen Schwerhörigkeit auf einem Ohr, seltener auf beiden Ohren.
Fast alle Angaben zur Erkrankungshäufigkeit beruhen auf Schätzungen. Die Zahl der Neuerkrankungen in Deutschland wird durchschnittlich auf 13 000 Menschen pro Jahr geschätzt – mit steigender Tendenz. Dabei treten ca. 60% aller Hörstürze zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr auf, wobei die Männer häufiger davon betroffen sind. In der Gruppe der unter 20jährigen ist der Hörsturz deutlich seltener und Kinder unter 14 Jahren erleiden fast nie einen Hörsturz.
Ursachen & Risikofaktoren
Neben der plötzlich, einseitig auftretenden Schallempfindungsschwerhörigkeit (siehe Schwerhörigkeit) können Ohrgeräusche (wie z.B. Klingeln oder hoher Dauerton – Tinnitus), Druckgefühl im Ohr und/oder Schwindel auch Anzeichen für einen Hörsturz sein.
Über die Ursache der plötzlichen Innenohrfunktionsstörung, die bis zu einem kompletten Ausfall der Hörfunktion reichen kann, besteht heute noch keine endgültige Klarheit. Es werden viele Möglichkeiten diskutiert, wobei man sehr häufig Durchblutungsstörungen im Innenohr vermutet. Durch die unzureichende Blutversorgung (Sauerstoffmangel, Mineralien, gestörter Abtransport von Stoffwechselprodukten usw.) ist der Zellstoffwechsel des Hörorgans gestört und kann somit zum Funktionsausfall der Sinneszellen führen.
Für das Zustandekommen einer solchen Störung können Durchblutungsstörungen im engeren Sinne (z.B. Arteriosklerose), Störungen des Immunsystems, Stoffwechselkrankheiten (z.B. Diabetes mellitus), Klimaeinflüsse, Virusinfektionen oder Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholgenuss, Übergewicht, Bluthochdruck, Mangelernährung und Stress verantwortlich sein.
Bei den Hörsturzpatienten handelt es sich sehr häufig um Menschen, die starken psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt sind. Diese Anspannungen wirken sich natürlich auch auf das Gefäßsystem aus und können, ähnlich wie ein Herzinfarkt, zu einer plötzlich auftretenden Durchblutungsstörung in den feinen Gefäßen der Hörschnecke führen. Man spricht dann auch von einem Infarkt des Innenohres.
Krankheitsbild
Das klinische Bild eines Hörsturzes besteht in einer plötzlichen – akut oder innerhalb von Minuten auftretenden – Funktionsstörung eines Innenohres mit mehr oder weniger starker Schwerhörigkeit (Schallempfindungsschwerhörigkeit). Kennzeichnend ist der plötzliche Beginn, die Einseitigkeit und die fehlende Verbindung zu einer anderen Erkrankung.
Bei ca. 90% der Hörsturzfälle tritt die Hörstörung einseitig auf. Die Ausnahme bei einem Hörsturz bildet die vollständige Taubheit eines Ohres. Neben der plötzlichen Hörminderung wird als häufigstes Begleitsymptom von den Patienten ein Ohrgeräusch unterschiedlicher Qualität und Intensität angegeben. Die Auftrittshäufigkeit von Tinnitus (Ohrgeräusch) schwankt zwischen 60% und 90%.
Ein weiteres Begleitsymptom, bei etwa 50% der Fälle, ist ein Druckgefühl im betroffenen Ohr. Anfängliche Schwindelbeschwerden werden von 30-40% der Patienten angegeben, wobei in der Regel unspezifische kurzzeitige Schwindelerscheinungen wie Unsicherheitsgefühl und Schwankschwindel vorherrschen. Zur eigentlichen Definition des Krankheitsbildes „Hörsturz“ gehört, dass er ohne nachweisbare Krankheitsursache vorliegt.
International anerkannte Kriterien für einen Hörsturz sind:
Hauptkriterien Die Schwerhörigkeit muss sich plötzlich entwickeln
Die Schwerhörigkeit muss ausschließlich eine Schallempfindungsschwerhörigkeit sein
Die Krankheitsursache muss unbekannt sein
Nebenkriterien Ohrgeräusche können vorhanden sein Schwindel, Übelkeit und Erbrechen können vorhanden sein, dürfen aber nicht wiederholt auftreten Hirnnervenausfälle dürfen nicht vorliegen.
Auswirkungen & Folgen
Zum einen hat der Hörsturz eine unterschiedlich starke Schallempfindungsschwerhörigkeit zur Folge ( siehe auch Auswirkungen Schwerhörigkeit Tab.2) und zum anderen können auch gleichzeitig Symptome wie Ohrgeräusche, Druckgefühl im Ohr und Schwindel vorliegen.
Alle Hörsturze sind in 60-90% der Fälle von Ohrgeräuschen (Tinnitus) begleitet. Der Tinnitus gibt den Betroffenen die letzte Gewissheit, dass in ihrem Ohr etwas „kaputt“ gegangen ist. Hörstürze ohne Tinnitus werden hingegen wohl registriert, sie werden aber nicht immer zum Anlass genommen, den Arzt aufzusuchen.
Tinnitusgeplagte Hörsturzpatienten leiden in der Regel mehr als jene Patienten, die „nur“ Tinnitus im Ohr haben, ohne dabei im Gehör beeinträchtigt zu sein, da sie aufgrund ihrer Höreinschränkung weniger Möglichkeiten haben, ihre Ohrgeräusche mit Hilfe äußerer Geräuschquellen zu maskieren. Ihre Aufmerksamkeit richtet sich viel stärker auf das, was sich im Ohr abspielt und daher ist es für sie besonders schwierig, sich an ihre Ohrgeräusche zu gewöhnen. Ein Hörsturz wird somit als besonders belastend empfunden, wenn er von Tinnitus begleitet wird.
Erkennung & Untersuchungen
Der sogenannte Hörsturz ist eine Ausschlussdiagnose, d.h. alle anderen Ursachen akuter innenohrbedingter Hörstörungen (z.B. akutes Lärmtrauma, verschiedene Infektionskrankheiten usw.) müssen ausgeschlossen sein. Ist das der Fall und es besteht eine akute Innenohrschwerhörigkeit unklarer Genese (Entstehung), ist die Diagnose „Hörsturz“ gerechtfertigt. Diese Diagnose setzt somit eine ausführliche hals-nasen-ohrenärztliche Diagnostik voraus.
Der HNO-Arzt wird eine Hörprüfung, sowie eine ausführliche Hördiagnostik anhand unterschiedlicher audiometrischer Untersuchungen durchführen. Die Stimmgabelprüfung erlaubt die wesentliche Differenzierung zwischen einer Schalleitungs- und Schallempfindungsschwerhörigkeit. Erst wenn alle Untersuchungsergebnisse für eine Störung ohne erkennbare Ursache sprechen, kann ein idiopathischer (von sich aus entstandener) Hörsturz angenommen werden.
Therapie
Die Diagnose „Hörsturz“ ist als Notfall anzusehen und erfordert sofort eine Behandlung innerhalb der ersten 12-24 Stunden durch den HNO-Arzt, denn die Behandlungsergebnisse sind um so besser, je früher die Behandlung einsetzt. Als Therapie wird heute im allgemeinen eine durchblutungsfördernde Infusionstherapie (Verabreichung von durchblutungsfördernden und gefäßerweiternden Medikamenten) sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt oder auch eine hyperbare Sauerstofftherapie (Überdruckbeatmung eines Patienten mit reinem Sauerstoff) empfohlen.
Diese Behandlungsmethoden werden häufig dann eingesetzt , wenn man Durchblutungstörungen im Innenohr vermutet. Für den Verdacht, dass auch immunologische Faktoren an der Auslösung eines Hörsturzes beteiligt sind, wird z.T. zusätzlich eine Kortisonbehandlung durchgeführt. In jedem Fall werden die Patienten auf mögliche Zusammenhänge zwischen dem Auftreten ihrer Krankheit und ihrer Lebensführung hingewiesen.
Die Prognose des Hörsturzes hängt sehr stark vom Verlauf der Erkrankung ab. Tritt schon in den ersten Tagen nach Krankheitsbeginn eine Verbesserung der Hörfähigkeit ein, ist die Wahrscheinlichkeit der Wiederherstellung des vollständigen Gehörs sehr hoch. Schlechtere Aussichten bestehen, wenn der Hörverlust eine Woche lang und länger unverändert bestehen bleibt. Eine schlechtere Prognose besteht auch bei älteren Patienten, die älter als 60 Jahre sind, bei Diabetikern, bei Patienten mit vorgeschädigten Ohren, bei begleitendem Drehschwindel und bei vollständiger Taubheit. Im Allgemeinen ist die Prognose eines Hörsturzes gut.
Erwähnt werden muss, dass beim Hörsturz auch Spontanheilungen vorkommen, d.h. die Hörstürze regeln sich in den ersten Stunden ohne Behandlung von selbst. Untersuchungen ergaben eine Spontanheilungsrate von 60% mit vollständiger Wiederherstellung des Gehörs. Es sei darauf hingewiesen, dass diese Erkenntnisse nicht zum völligen Verzicht einer Behandlung berechtigen, denn zum Krankheitsbeginn ist es weder für den Patienten noch für den Arzt absehbar, ob eine Spontanheilung eintreten wird oder nicht.
Vorsorge
Da es für den Hörsturz keine genauen nachweisbaren Ursachen gibt, ist es nicht möglich, klare Aussagen bzw. Maßnahmen zur Vermeidung eines Hörsturzes zu definieren. Man vermutet, dass Durchblutungsstörungen im Innenohr und psychische und physische Erschöpfungszustände einen Hörsturz hervorrufen. Somit wäre die Vermeidung aller Risikofaktoren, die Durchblutungsstörungen fördern, zu empfehlen.
Häufige Fragen
Was muss ich tun, wenn ich einen Hörsturz bekomme?
Sie sollten umgehend einen Arzt konsultieren. Die Diagnose „Hörsturz“ ist als Notfall anzusehen und erfordert sofort eine Behandlung innerhalb der ersten 12-24 Stunden durch den HNO-Arzt, denn die Behandlungsergebnisse sind um so besser, je früher die Behandlung einsetzt.
Wie kann ich einem Hörsturz vorbeugen?
Da es für den Hörsturz keine genauen nachweisbaren Ursachen gibt, ist es nicht möglich, klare Aussagen bzw. Maßnahmen zur Vermeidung eines Hörsturzes zu definieren. Man vermutet, dass Durchblutungsstörungen im Innenohr und psychische und physische Erschöpfungszustände einen Hörsturz hervorrufen. Somit wäre die Vermeidung aller Risikofaktoren, die Durchblutungsstörungen fördern, zu empfehlen.