Knochenbrüche und Bänderrisse – das sind Urlaubsmitbringsel aus einem Winterurlaub, mit denen jeder Reisende rechnet, auch wenn er hofft, es treffe nicht gerade ihn. Dass es jedoch auch andere Kälteschäden gibt, die den Winterurlaub länger als gewünscht in Erinnerung verbleiben lassen, wird oft unterschätzt. Und diese Kälteschäden treten keinesfalls nur bei polaren Tiefsttemperaturen auf. Auch in Mitteleuropa gibt es trotz des meist gemäßigten Winters immer wieder Kälteschäden (vor allem bei Betrunkenen)!
Wie entstehen Kälteschäden?
Die reguläre Körpertemperatur wird vom Organismus auf 37 Grad einreguliert. Bei allen Stoffwechselvorgängen und beim Energieverbrauch durch Bewegung entsteht Wärme. Würde sie nicht an die Umgebung abgegeben, stiege die Körpertemperatur immer weitere an. Eine lebensvernichtende Überwärmung wäre die Folge. Um das zu verhindern, gibt es ein kompliziertes Regelsystem im Organismus.
Je nach Durchblutungsstärke der Haut und je nach Schweißproduktion wird Körperwärme abgegeben und so der Normwert im Körperinneren (nicht immer auf der Hautoberfläche) erstaunlich konstant gehalten. Bei Fieber erhöht der Organismus gleichsam die Thermostat-Einstellung, da höhere Temperaturen den Stoffwechsel aktivieren und dadurch auch die Abwehrmechanismen angeregt werden.
Ist die Umgebungstemperatur deutlich niedriger als die Körpertemperatur von 37 Grad, so wird Wärme abgegeben. Wenn die Körpertemperatur unter 25 Grad abfällt, dann kommt es zu Bewusstseinstrübung, zu Herzrhythmusstörungen, Gewebsuntergängen und schließlich zum Kältetod. Um das zu verhindern, reagiert der Körper sehr rasch auf Wärmeverluste. Spezielle Nervenzellen der Haut, des Rückenmarkes und des Gehirn werten die Temperaturen im Körperinneren aus und steuern die Wärmeproduktion. Das äußert sich beispielsweise bei Unterkühlung in einem heftigen Zittern, um mehr Wärme in der Muskulatur zu erzeugen oder in einer Verminderung der Hautdurchblutung, um die Wärmeabgabe zu drosseln. Im anderen Falle der erhöhten Wärmeproduktion wird die Überschusswärme durch Schwitzen und durch weite Blutgefäße der Haut erhöht.
Das betrifft jedoch die sogenannte Körperkern-Temperatur im Inneren. An der Körperoberfläche kann die Temperatur durchaus niedrigere Werte aufweisen.
Was passiert bei Kälteeinwirkung?
Eine Unterkühlung führt dazu, dass die Körpergewebe einen verringerten Stoffwechsel haben. Es wird gleichsam auf Spargang geschaltet. Man vermutet, dass sich vor allem bei feuchter Kälte zwischen den Zellen im Körper kleine Eiskristalle bilden, die den Zellstoffwechsel stören und u.a. zu Verklumpungen der sauerstofftransportierenden roten Blutzellen führen. Ist der ganze Körper unterkühlt (Hypothermie), dann kann Lebensgefahr bestehen. Die Steuerung der Wärmeproduktion bricht zusammen, das Zittern hört auf, die Erfrierende wird teilnahmslos und inaktiv. Erfrierungstod droht. Oft werden die Opfer bewusstlos aufgefunden. Sie können sich also nicht mehr selbst aus ihrer Lage befreien.
Neben der generellen Unterkühlung kann es auch zum Erfrieren von bestimmten Körperabschnitten kommen (z.B. Ohren, Zehen). Die Durchblutung wird dabei massiv gestört, es kommt zu Anschwellungen durch das Austreten von Blutflüssigkeit, zu Verfärbungen und Gewebstod. Die örtlichen Erfrierungen führen zu den sog. „Frostbeulen“ oder zum Absterben ganzer Körperregionen.
Harmloser sind vorübergehende Kältereaktionen der Blutgefäße der Haut. Durch den Temperaturreiz ziehen sich die Hautgefäße zusammen, die Haut wird kühl und blass, weniger Sauerstoff gelangt in das Gewebe. Das kann sehr schmerzhaft werden, besonders bei der Wiedererwärmung. Bekannt ist das „Brennen unter den Fingernägeln“, wenn unterkühlte Hände rasch erwärmt werden. Diese vorübergehende Reaktion ist zwar schmerzhaft, aber harmlos. Nach der Blässe setzt dann eine vermehrte Durchblutung und Rötung ein (rote Wangen oder Ohren nach Aufenthalt im Kalten).
Indirekt mit der Kälte haben die „Erkältungen“ zu tun. Die gestörte Durchblutung erleichtert das Eindringen von Viren und Bakterien in die Schleimhaut, wodurch Infektionen begünstigt werden. Die Ursache für diese Atemwegsinfektionen sind jedoch die Mikroorganismen, nicht die Kälte unmittelbar.
Wie kann man Kälteschäden verhindern?
Selbstverständlich steht an erster Stelle die zweckmäßige Kleidung, die Schutz vor Durchfeuchtung und Auskühlung bietet. Weitgehend unbekannt ist, dass die wärmende Kopfbedeckung eine besondere Bedeutung hat, da bis zu 30% des Wärmeverlustes über die Kopfhaut erfolgt.
Eine ausreichende energiereiche Kost ist ebenfalls vorbeugend wirksam, da so die Energielieferanten für zusätzliche Wärmeproduktion (Muskelzittern) zugeführt werden.
Körperliche Belastung kann Kälteschäden ebenfalls vermeiden. Ein besonderes Problem ist der Alkohol. Bekannt ist, dass ein „steifer“ Grog das Kältegefühl schnell vertreibt. Das ist aber ein gefährlicher Trugschluss! Durch die Alkoholwirkung werden die Blutgefäße der Haut erweitert und besser durchblutet. Dadurch stellt sich subjektiv ein Wärmegefühl ein. Tatsächlich bewirkt der Alkohol aber über diese Gefäßerweiterung eine stark vermehrte Wärmeabgabe. Der Körper kühlt also zusätzlich aus. Die meisten Erfrierungen treten daher bei Alkoholisierten auf. Dabei genügen oftmals bereits relative niedrige Kältegrade.
Was kann man selbst tun?
Sind örtliche Unterkühlungen aufgetreten, dann sollten diese Körperteile großflächig milde erwärmt werden. Hitzeanwendung darf es jedoch nicht geben. Günstig ist es, wenn beispielsweise mit der Wärme der Hand die frostgeschädigte Hautstelle allmählich erwärmt wird. Es kann auch warmes (nochmals: handwarmes, nicht heißes) Wasser angewandt werden. Weiterer Wärmeverlust ist unbedingt zu vermeiden. Schonung ist ratsam. Sind – wie sehr oft – die Beine betroffen, sollte möglichst nicht weiter gelaufen werden.
Wann ist ärztliche Behandlung notwendig?
Bei genereller Unterkühlung muss möglichst rasch ärztliche Betreuung erfolgen, um Folgeschäden zu vermeiden.
Bewusstlose Kälteopfer sind ein absoluter Notfall!
Sind als chronische Frostschäden Veränderungen der Haut (dunkle Verfärbung) oder blaurote Schwellungen (Frostbeulen) aufgetreten, dann müssen diese Kälteschäden ebenfalls ärztlich behandelt werden. Oft sind chirurgische Eingriffe bis zu Amputationen unvermeidbar.
Tipp:
Feuchte Kälte führt eher zu einer generellen Unterkühlung, trockene Kälte löst eher lokale Erfrierungen aus. Es stimmt übrigens, dass die Temperaturempfindlichkeit nicht bei allen Menschen gleich ist. Generell gilt, dass Frauen leichter frieren als Männer.