Wenn das Blut an einer Stelle eines Gefäßes im Körperkreislauf gerinnt, handelt es sich um eine Thrombose. Dies kann sowohl in den zum Herzen hinführenden (Venen)(Phlebothrombose), als auch wesentlich seltener in den vom Herzen wegführenden Gefäßen (Arterien) auftreten. Thrombose bedeutet wörtlich aus der griechischen Sprache übersetzt, es „gerinnen“ oder „gerinnen machen“ als Blutpfropfbildung innerhalb der Blutgefäße.
Die am häufigsten betroffenen Stellen (90%) befinden sich in den großen Venen der Beine und des Beckens, aber auch in den Venen der Arme und der Schulter können sie entstehen. Dann spricht man von einer tiefen Venenthrombose. „Tief“ deshalb, weil es sich um die großen Gefäße handelt und diese eben nicht an der Körperoberfläche, sondern „in der Tiefe“, z.B. des Beines, verlaufen.
Die Blutpfropfbildung innerhalb dieser Blutgefäße kommt jährlich bei 3 von 1000 Personen vor und ist somit eine sehr verbreitete Erkrankung. Die eigentliche Bedeutung ergibt sich aus der Gefahr einer Verstopfung eines Lungengefäßes, einer Lungenembolie, welche eine lebensgefährliche Erkrankung darstellt.
Ursache & Risikofaktoren
Die Thrombose ist eine schon seit langem bekannte Krankheit. Bereits im letzten Jahrhundert, genauer gesagt 1856, benannte Rudolf Virchow (1821-1902) drei zugrundeliegende Mechanismen, die als Grundannahmen heute noch gelten. Alle weiteren wissenschaftlichen Erkenntnisse bestätigten die Richtigkeit seiner damals formulierten Thesen.
Somit werden die Ursachen auch weiterhin als „Virchow`sche Trias“ bezeichnet. Diese besagt, dass sich aus einer beliebigen Zusammenstellung der drei Faktoren eine solche Blutpfropf entwickelt. Oder anders gesagt, findet sich meist mindestens ein Faktor oder eine Kombination von mehreren.
- Veränderungen an der Gefäßwand, d.h. meist ein entzündliches Geschehen an der Gefäßinnenwand
- Veränderung der Blutzusammensetzung, d.h. es ergibt sich eine Neigung zur Blutpfropfbildung (Gerinnungsstörungen)
- Verlangsamung der Blutströmung, d.h. dies erfolgt meist bei einer längeren Ruhigstellung des Körpers und vor allem der Beine z.B. nach einer Operation oder nach einer Phase langen Sitzens z.B. auf Langstreckenflügen.
Die Ursachen hinter diesen Mechanismen für eine „Gefäßverstopfung“ sind sehr vielfältig, komplex und letztlich noch nicht vollständig aufgeklärt.
Spricht man bei dieser Krankheit von Risikofaktoren bedeutet das, dass sich die Wahrscheinlichkeit, eine tiefe Venenthrombose zu bekommen, erhöht, wenn eine oder mehrere der Faktoren bei einer Person vorliegen. Es handelt es sich also nicht um eine direkte und absolute Beziehung zwischen Risikofaktor und Thrombose. Es ist durchaus möglich, dass jemand zwar alle Faktoren hat, aber nie eine Thrombose bekommt, während hingegen jemand auch ohne einen solchen Risikofaktor die Krankheit entwickeln kann. Die Wahrscheinlichkeit für die erste Person für eine Thrombose ist aber statistisch viel höher als für die zweite Person.
Krankheitsbegünstigende Faktoren
- Weibliches Sexualhormon (bei Schwangerschaft oder hormoneller Verhütung)
- Nikotingenuss
- Weibliches Geschlecht
- Höheres Lebensalter (oberhalb von 50 Jahren)
Symptome & Krankheitsbild
Beschwerden
- Schwellung
- Schmerzen bei Bewegung
- Überwärmung
- Verfärbung
Durch das Entstehen eines Blutpfropfes innerhalb einer Vene ist das normale Fließen des Blutes zum Herzen hin nicht mehr gewährleistet. Das Blut, das vom Herzen in die Gefäße gepumpt wird, muss ausweichen, verlässt das Gefäß und staut sich im umgebenden Gewebe. Dadurch entsteht eine Schwellung. Da aber das Blut auch für den Wärmetransport im Körper verantwortlich ist, ergibt sich die Wärmeentwicklung aus dem „nicht abfließenden Blut“.
Das Ausmaß der Beschwerden hängt davon ab, ob der Blutfluss nur teilweise oder vollständig unterbunden ist, d.h. ob nur ein Teil des Gefäßes verlegt oder ob der gesamte Durchmesser verschlossen ist.
Ein teilweiser Verschluss des Gefäßes äußert sich in einem leichten Spannungsgefühl in Wade oder Oberschenkel, was einem „Muskelkater“ ähnelt. Dieses Gefühl verstärkt sich beim Tieflagern des betroffenen Beines, weil dadurch der Blutrückfluss zum Herzen noch weiter erschwert wird. Schmerzhaft ist es auch, wenn man versucht die Wade oder die Fußsohle mit den Händen zusammenzudrücken.
Wenn der Gefäßverschluss vollständig ist, entwickeln sich die Beschwerden viel schneller. Dabei schwellen Wade oder Schenkel stark an und schmerzen auch ohne jegliche Bewegung. Die Haut des betroffenen Beines ist dabei rot-bläulich verfärbt und überwärmt. Beides erkennt man meist durch den direkten Vergleich mit dem anderen Bein. Übrigens sind in den seltensten Fällen beide Beine gleichzeitig betroffen.
Auswirkungen & Folgen
Die häufigste Folge eines Venenverschlusses ist, dass ein Teil des Blutpfropfes aus einer Beinvene mit dem Blutstrom mitgerissen wird. Dabei gelangt er zunächst in immer größere Gefäße (Beckenvene und untere Hohlvene) und erreicht schließlich das Herz. Dort wird er mit dem vom Herz ausgepumpten Blut in die Lungenschlagader befördert. Weil sich vom Herzen weg die Schlagadern immer weiter verengen, bleibt der Blutpfropfen irgendwo in einer kleinen Arterie stecken und verstopft es. Das davon versorgte Lungengewebe ist plötzlich von der Blutzufuhr abgeschnitten. So ist eine Lungenembolie entstanden. Dabei handelt es sich um eine lebensgefährliche Erkrankung, bei der die rechtzeitige Erkennung und Behandlung eine große Bedeutung besitzt.
Langfristige Auswirkungen bestehen in der vermehrten Entwicklung von Krampfadern (Varizen), einer erhöhten Verletzlichkeit der Haut sowie einer vermehrten Pigmentierung (Einlagerung eines die Hautfärbung bestimmenden Farbstoffs )eines ehemals betroffenen Beines. Man spricht dann von einem postthrombotischen Syndrom, welches in der Regel nach ca. 10-15 Jahren bei der Hälfte der Patienten auftreten kann.
Somit entstehen aus dem Gefäßverschluss andere behandlungsbedürftige Erkrankungen. Weiterhin erhöht sich bei Thrombose-Patienten das Risiko für einen weiteren Gefäßverschluss.
Erkennung & Untersuchungen
Bei der Feststellung eines Gefäßverschlusses betrachtet der Arzt zunächst die verdächtige Körperregion und lässt sich vom Patienten genau den zeitlichen Ablauf seiner Beschwerden schildern.
Wichtige Informationen können dabei sein, dass bei dem Betroffenen einige der oben genannten Risikofaktoren vorliegen oder er aber auch bestimmte Medikamente einnimmt, welche die Wahrscheinlichkeit für solch ein Ereignis erhöhen.
Der diagnostische Beweis erfolgt nach einigen Untersuchungen. Dabei wird überprüft, ob der Blutfluss in den Venen unverändert abläuft oder ob Unterbrechungen festzustellen sind.
Dies geschieht zunächst immer durch Ultraschall (Sonografie), da man diese Untersuchung schnell und schmerzlos durchführen kann. In einigen Fällen, z.B. bei stark übergewichtigen Personen kann man dies manchmal schlecht beurteilen. Dafür kann man dann mit einer Röntgenuntersuchung den Blutfluss in den Beingefäßen (Phlebografie) darstellen. Das Blut ist aber nicht einfach so sichtbar durch die Röntgenstrahlen. Dies wird ermöglicht durch ein sogenanntes Kontrastmittel, welches der Patient zuvor in eine Vene am Arm gespritzt bekommt.
Dem Vorteil der diagnostischen Sicherheit steht hierbei der Nachteil von Zeitverlust für die Therapie und der Belastung für den Patienten gegenüber. Diese Entscheidung wird Ihr behandelnden Arzt unter Berücksichtigung der Beschwerden treffen.
Für die umgehende Therapie sind diese Untersuchungen ausreichend, aber manchmal kann es erforderlich sein, weitere Blutuntersuchungen vorzunehmen. Und zwar wenn der Verdacht besteht, dass es sich bei dem Auslöser der Thrombose um eine Blutgerinnungsstörung handelt.
Therapie
Beim unvermittelten Auftreten einer Thrombose gibt es zunächst eine Reihe von basistherapeutischen Maßnahmen, welche dann noch ergänzt werden durch medikamentöse bzw. operative Vorgehensweisen.
Die Entscheidung welche Kombination von Maßnahmen bei jedem einzelnen einen Sinn ergeben, hängt davon ab, an welchem Ort der Gefäßverschluss besteht und innerhalb welcher Zeitspanne sie aufgetreten ist. Weiterhin ist wichtig, den genauen Zeitpunkt der Thrombose zu ermitteln.
Die Basistherapie umfasst üblicherweise die folgenden Dinge
- Bettruhe für 7 Tage mit Hochlagerung der betroffenen Extremität
- Anlegen eines Kompressionsstrumpfes nach Maß
Als nächstes werden gerinnungshemmende Medikamente verabreicht. Abgesehen vom Wirkungsmechanismus im Gerinnungssystem unterscheiden sie sich in der Darreichungsform. Heparin wird unter die Haut (subkutan) ins Fettgewebe gespritzt und die Substanzklasse der Cumarine werden als Tablette eingenommen. Dies erfolgt mit dem Ziel die Wahrscheinlichkeit weiterer Gefäßverschlüsse zu verringern. Manchmal ist es für Patienten notwendig auch nach einem Aufenthalt in einem Krankenhaus weiter Medikamente einzunehmen.
Wie beim Herzinfarkt gibt es auch die Möglichkeit das Blutgerinnsel mit bestimmten Medikamenten auflösen. Dies wird als „Thrombolyse“ bezeichnet. Dabei gibt man die gerinnselauflösenden Medikamente in sehr hoher Konzentration, wodurch sich aber auch das Risiko von Blutungen ergibt. Deshalb ist es nicht möglich, sie bei allen Patienten durchzuführen.
Die letztmögliche Maßnahme besteht darin, den Blutpfropfen direkt zu entfernen und den Blutfluss in dem Gefäß wieder herzustellen. Die eine Möglichkeit besteht darin, in einer Operation den betroffenen Ort offen zulegen und das Gerinnsel herauszunehmen. Bei der anderen und eleganteren Möglichkeit wird ein langer Schlauch (Katheter) an einem benachbarten Ort in das Gefäß eingeführt und bis zum Blutpfropf vorgeschoben. Anschließend wird vorsichtig versucht, ihn mit zangenartigen Instrumenten abzutragen.
Vorsorge
Aus der Gefahr von lebensbedrohlichen Lungenembolien haben vorbeugende Maßnahmen ihre Berechtigung:
Hören Sie auf zu rauchen!
Frauen über 35 Jahre sollten – vor allem, wenn sie rauchen – andere Verhütungsmittel als die „Pille“ verwenden! Wer längere Zeit bettlägerig ist, sollte immer wieder die Beinmuskeln anspannen sowie die Knöchel und Zehen bewegen, um die Blutzirkulation anzuregen!
Nach Operationen oder für die Dauer eines Gipsverbandes wird ihnen das gerinnungshemmende Medikament Heparin gespritzt, wobei Patienten dieses auch selbst erlernen können für die Zeit nach der stationären Entlassung!
Dauert die Behandlung länger, verordnet der Arzt sogennante Cumarine. Sie wirken erst nach ein bis zwei Tagen.
Weitere Infos
Veränderungen im Lebensstil können Gefäßverschlüsse verringern“, Dr. John Yarnell von der Queen’s Universität von Belfast, Irland:
In einer Studie mit mehr als 2.000 Männern mittleren Alters im Süden von Wales wurden acht verschiedene Gerinnungsfaktoren untersucht. Im Vergleich zu den nichtrauchenden Männern fanden sich erhöhte Werte für Raucher. Statistische Zusammenhänge ergaben sich auch für den Body-Mass-Index (BMI) Info , welche ein Verhältnis aus der Körpergröße und dem Körpergewicht darstellt. Die Höhe des Alkoholkonsums ist verschieden zu bewerten: während ein niedriger Konsum die Rate an Herzinfarkten zu verringern scheint, scheint ein hoher Alkoholgebrauch die Anzahl von Schlaganfällen zu erhöhen. Die Studiengruppe um Dr. Yarnell stellte abschließend die Vermutung auf, dass die Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum, Übergewicht und ein gemäßigter Lebensstil einen Einfluss auf thrombotische Geschehen über das Gerinnungssystem ausüben. Dies gilt besonders für Herzinfarkt und Schlaganfall. (Quelle: Arteriosclerosis, Thrombosis, and Vascular Biology, 2000;20.)
„Blutgerinnsel aus den Beinvenen sind häufiger als bisher angenommen verantwortlich für Lungenfunktionsstörungen“, Dr. Barbara Alving, Leiterin der hämatologischen Abteilung des Nationalen Instituts für Herz, Lungen und Bluterkrankungen:
Die Lungenembolie als gefürchtete Folgeerkrankung einer tiefen Beinvenenthrombose ist wohl bisher eher unterschätzt worden. Die Ergebnisse einer Studie aus Frankreich zeigen, dass bei 82% von 213 Patienten mit einer Lungenembolie gleichzeitig eine Venenthrombose festgestellt werden konnte. Von diesen beklagten allerdings weniger als die Hälfte, nur 42%, die typischen Symptome wie Schwellung des Beines und Schmerzen. In einer anderen Studie wurde das Verhältnis von Alter und Lungenembolie untersucht. Dabei zeigte sich, dass mehr als die Hälfte der Patienten mit Lungenembolie zwischen 65 und 85 Jahren alt waren. Gleichzeitig ergab sich ein höherer Anteil für Frauen bei den Patienten über 50. Dr. Alving forderte daher eine konsequentere Vorgehensweise um das Auftreten von tiefen Beinvenenthrombosen noch weiter zu verringern.(Quelle: Chest 1999;116:903-908, 909-913.)
Häufige Fragen
Wann ist es notwendig den Arzt aufzusuchen?
Grundsätzlich sollten Sie beim Bemerken der beschriebenen Beschwerden sofort einen Notarzt rufen, der dann die weiteren Entscheidungen treffen wird. Die Dringlichkeit hierfür ergibt sich aus der lebensbedrohlichen Situation einer Lungenembolie.
Wie kann ich mich auf längeren Reisen schützen?
Bei längeren Reisen in Bus, Auto oder Flugzeug besteht die Gefahr einer Thrombose durch stundenlanges Sitzen (auch „economy-class-Syndrom“ genannt). Daher sollten Sie öfter einmal aufstehen und sich die Beine vertreten. Falls dies überhaupt nicht oder nur schwer möglich ist, können sie auch im Sitzen Ihre Beinmuskeln immer wieder anspannen. Dies können Sie machen, indem Sie einen Zehenstand durchführen oder die Oberschenkel gegeneinander pressen.
Kann ich denn selber auch etwas tun bis der Arzt kommt?
Wenn sie Beschwerden bemerken, sollten Sie als aller erste Maßnahme Hilfe holen, also entweder ihren Hausarzt oder den Rettungsdienst rufen. Bis weiteres geschieht sollten Sie sich einfach nur ruhig hinlegen. Dadurch wird der erschwerte Rückfluss aus diesem Bein unterstützt. Da die Folgen und Gefahren einer Beinvenenthrombose eventuell tödlich verlaufen könnten, sollten sie keine Scheu haben, Hilfe zu beanspruchen.
Was versteht man eigentlich unter Rekanalisation?
Hierbei handelt es sich um die Wiedereröffnung eines verschlossenen Gefäßes. Dies kann entweder in einer Operation geschehen oder mit einem Katheter. Dabei führt man einen dünnen Schlauch in das Gefäßsystem bis zu der verschlossenen Stelle, wobei sowohl durch mechanische Manöver als auch durch thrombolytische (gerinnselauflösende) Medikamente versucht wird den Verschluss zu beseitigen.
Ist die Thrombose ein vererbbares Leiden?
Dies hängt immer von den individuellen Ursachen ab, die einer Thrombose zugrunde liegen. Dabei gibt es Störungen im Gerinnungssystem, welche vererbt werden und andere hingegen nicht. Allerdings lässt sich bei vielen Thrombosen die genaue Ursache nicht herausfinden.
Wie funktioniert eigentlich die Blutgerinnung?
Die Blutplättchen (Thrombozyten) sind nicht vergleichbar mit anderen Zellen, denn sie sind Teile größerer Zellen, welche aus dem Knochenmark stammen. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, bei der Blutgerinnung mitzuhelfen. Die Blutgerinnung dient dazu bei Verletzungen den Blutverlust möglichst gering zuhalten. Wenn das verletzte Blutgefäß eher klein ist, reicht das Zusammenziehen seiner Wände aus, um die Wunde zu verschließen. Wurde aber ein größeres Gefäß betroffen, reicht dies nicht mehr aus.
Die Blutplättchen sammeln sich in der Nähe der offenen Stelle an der Gefäßwand. Dabei stoßen sie einen Stoff aus, der gemeinsam mit anderen Fibrin hervorbringt. Dieses Fibrin bildet einen netzartigen Kleber über der Wunde, der die roten Blutkörperchen abfängt. Somit wird verhindert, dass noch weiter Blut aus der Wunde austreten kann.
Wichtige Adressen
Gesellschaft für Thrombose und Hämostaseforschung
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin
Tel: 030/450 531 12
Fax: 030/450 539 01