Tollkirsche – Pures Gift oder Heilwirkung?

Die Tollkirsche ist eine klassische Giftpflanze. Die glänzenden Beeren wirken zwar verlockend, nicht nur auf Kinder, doch schon wenige Früchte reichen aus, um den Tod herbeizuführen. Wurde die Tollkirsche in der Vergangenheit, als Rauschmittel oder für rituelle Zwecke eingesetzt, ist sie heute nur in homöopathischer Verdünnung nutzbar.

In dieser Verdünnung allerdings, wirkt die Tollkirsche oder auch Belladonna genannt, gegen Fieber. Sie kann die Atmung erleichtern und bei Asthma – Patienten erlöst sie von krampfartigem Husten. Personen, die Belladonna zu sich genommen haben, werden zuerst von Mundtrockenheit und Herzrasen heimgesucht. Später kommt es zur Lähmung des vegetativen Nervensystems, dann setzen Halluzinationen ein. Dem späteren Schlaf folgen Bewusstlosigkeit und fast immer, der Tod.

Geschichte der Tollkirsche

Die Tollkirsche wird seit der Antike, unter anderem, als Schmerzmittel medizinisch genutzt. Im 19. Jahrhundert wurden Gelbsucht, Wassersucht, Keuchhusten, Nervenkrankheiten, Scharlach, sowie Epilepsie mit ihr behandelt.

Da bei höheren Dosen Wahnzustände auftraten, wurde behauptet, die Person war eine Hexe oder ähnliches. Weiterhin wurde Belladonna für Abtreibungen, gegen Gicht und gegen Tollwut genutzt. Heute wird in erster Linie aus der Wurzel ein Medikament gegen die Parkinson – Erkrankung hergestellt. Welches bei uns jedoch nicht zugelassen ist.

Den Namen bezieht die Tollkirsche wegen der Tollheit (Wildheit, unkontrolliertes Verhalten), nach der Einnahme. Der Beiname Belladonna rührt daher, dass die Pupillen stark erweitert wurden, den Augen jedoch ein glänzendes Aussehen verliehen. Weitere Synonyme der Tollkirsche sind:

  • Schwindelkirsche
  • Teufelskirsche
  • Irr Beere
  • Wut Beere
  • Tollkraut

Erwähnt wurde die Tollkirsche schon in Kräuterbüchern, welche zwischen 400 und 5000 Jahre alt sind. Die tödliche Wirkung war bereits bekannt und auch von der berauschenden Wirkung ist die Rede. Zur damaligen Zeit wurde sie Hexenbeere genannt und war fester Bestandteil von Hexensalben, die zur äußeren Anwendung bestimmt war.

Die Salbe wurde jedoch auch für kosmetische Zwecke verwendet, indem der Saft der Beere zum Tragen kam. Hiervon leitet sich auch der Name Belladonna „schöne Frau“ ab. Schon die Sumerer verwendeten die Tollkirsche als Heilmittel und wussten um ihre Wirkung. In Hexensalben und Liebestränken war der Saft untergemischt. Die Wirkstoffe wurden unter anderem auch verwendet, um Abtreibungen durchführen zu können.

Bei Hildegard von Bingen lautete die Bezeichnung der Tollkirsche „dolo“. Im alten Orient wurde die Kirsche Bier und Palmwein zugesetzt. Im Krieg zwischen Schotten und Dänen im 11. Jahrhundert, war die Tollkirsche als „chemische Waffe“ bekannt.

Inhaltsstoffe der Tollkirsche

Die Tollkirsche findet sich hauptsächlich auf Waldlichtungen, in Laub – und Nadelwäldern und an Waldrändern. Die Atropa Belladonna wird auf dem Balkan, in Indien, Pakistan, Brasilien und den USA kultiviert. Zu den wichtigsten Inhaltsstoffen zählen:

  • Hyoscyamin (Atropin)
  • Scopolamin
  • Belladonnin
  • Apoatropin
  • Scopoletin
  • Flavonoide
  • Cumarine
  • Gerbstoffe

In sämtlichen Teilen der Pflanze sind zudem Tropan – Alkaloide zu finden. Die Tollkirsche ist wegen ihrer Inhaltsstoffe nicht nur für den Menschen hoch gefährlich, sondern auch Tiere können nach dem Genuss verenden.

Vorsicht!
Große Mengen an Alkaloiden sind in der Wurzel, Sprossachsen, Blättern und den Früchten zu finden. In den Blättern handelt es sich um Konzentrationen zwischen 0,14 und 1,4 Prozent, in den Wurzel um zwischen 0,27 und 0,69 Prozent. Sollte der Verdacht bestehen, dass Tollkirschen konsumiert wurden, ist sofort die nächste Klinik aufzusuchen.

Zu den typischen Symptomen einer Vergiftung durch Belladonna gehören eine heiße Haut, Gesichtsröte und trockene Schleimhäute. Weiterhin sind Schluckbeschwerden, Pupillenerweiterung und Sehstörungen mögliche Anzeichen. Zu den Vergiftungserscheinungen kommen auch Herzbeschwerden und Herzrasen, Halluzinationen. Des Weiteren fällt der Patient ins Koma, was eine potentielle tödliche Störung des Atemzentrums bedeuten könnte.

Die Tollkirsche sieht der echten essbaren Kirsche zum Verwechseln ähnlich. Allerdings sind echte Kirschbäume um einiges höher, als Tollkirschsträucher. Diesem Umstand ist es auch zu verdanken, dass nicht noch mehr Todesfälle durch die Tollkirsche registriert wurden.

Alle Pflanzenteile, besonders aber die Früchte, sind als sehr giftig einzustufen. Bereits der Verzehr von 2 bis 3 Früchten, kann den Tod auslösen. Bei Erwachsenen und Jugendlichen liegt die tödliche Dosis bei etwa 10 bis 20 Früchten.

Die Gattung der Tollkirsche (Atropa) gehört der Familie der Nachtschattengewächse an. Es gibt 4 unterschiedliche Arten, die sich jedoch alle durch ihren verzweigten Wuchs, dünne Laubblätter und glänzende Früchte auszeichnen.

Anwendungsgebiete der Tollkirsche

Bei kaum einer anderen Frucht liegen Schaden und Nutzen so dicht beieinander. Schon kleinere Überdosen rufen bei der Tollkirsche Bewusstseinsstörungen und Halluzinationen hervor. Die Tollkirsche darf auf gar keinen Fall zur Selbstbehandlung dienen und sie sollte auch in irgendeiner Form nie, ohne ärztlichen Rat genutzt werden. Die Wirkung der Kirsche hängt zudem immer von der richtigen Dosierung ab.

Die Anwendungsgebiete im Einzelnen sind:

  • starkes Fieber
  • Verkrampfungen
  • Keuchhusten
  • Magenbeschwerden
  • Bronchitis
  • Menstruationsbeschwerden
  • Kopfschmerzen
  • Nervenleiden
  • Brustentzündung während des Stillens

Vorsicht
Der Saft der Tollkirsche schmeckt sehr süß, ist aber hoch giftig. Eine Einnahme darf nie ohne fachärztlichen Rat erfolgen, denn die Dosierungen sind genauestens abzustimmen.

Die Inhaltsstoffe der Kirsche wirken, als cholinerge Antagonisten und somit, als Gegengift bei Vergiftungen durch Muscarin, Blausäure und Opium. Antagonisten haben krampflösende Eigenschaften bei Spasmen im Magen – Darm – Kanal, weswegen sie zentral beruhigen können. In der Regel werden sie vor einer Operation venös gegeben, damit der Patient nicht am eigenen Speichel erstickt.

Die Tollkirsche ist in der Lage, die Pupillen für einen längeren Zeitraum stark zu erweitern. Aus diesem Grund kommt sie auch in der Augenheilkunde zur Anwendung. In der Naturheilkunde wird grundsätzlich vom Gebrauch der Frucht abgeraten, in der Homöopathie gibt es zahlreiche Anwendungsgebiete.

Sicherheitshinweis!!!
Die Tollkirsche ist sehr giftig. Sie darf niemals pur zur Anwendung kommen. Bei der Einnahme muss genauestens auf die Dosierung geachtet werden. Die Einnahme von 10 Beeren, kann schon zum Tod führen.

Darreichungsformen der Tollkirsche

Verbraucher können in der Apotheke, Medikamente mit den Inhaltsstoffen, der Tollkirsche erwerben. Allerdings sollte auf jeden Fall, im Vorfeld, eine fachmännische Beratung Usus sein. Der Beipackzettel muss genauestens studiert und befolgt werden. Viele der Arzneimittel sind natürlich rezeptpflichtig. Die Beeren, die in der Natur zu finden sind, dürfen unter keinen Umständen genossen werden.

Dosierungen

  • Die maximalen Einzeldosen entsprechen 0,50 Milligramm Gesamtalkaloiden
  • Die maximalen Tagesdosen entsprechen 1,5 Milligramm Gesamtkaloiden

Nebenwirkungen und Wechselwirkungen

Die typischen Nebenwirkungen der Tollkirsche sind im Anfangsstadium Mundtrockenheit, da über das Atropin, Schweißdrüsen und Drüsensekretion gesteuert werden. Darauf folgen Wärmestau der Haut, sowie Herzrasen, Halluzinationen und Krämpfe.

Für die bewusstseinsveränderten Wirkungen ist die Alkaloide genannte Wirkstoffgruppe verantwortlich, die sich in den Blättern, Früchten und Wurzeln der Pflanze befinden. Zudem ist während eines Rausches ein säuerlicher Geschmack in der Mundhöhle zu bemerken.

Hinzu kommen eine Hautrötung und Pulsbeschleunigung, stark erweitere Pupillen, Schluck – und Sprachstörungen. Weiterhin sind Sehstörungen, Gleichgewichtsstörungen und eine notorische Unruhe zu erwarten. Weinkrämpfe und Rededrang sind weitere Anzeichen, wenn es sich um einer Vergiftung mit der Tollkirsche handelt. Im schlimmsten Fall kommt es zu Herzrhythmusstörungen, komatösen Zuständen und zur Bewusstlosigkeit, später führt das ganze zum Tod durch eine Atemlähmung.

Die tödliche Dosis beginnt bei Erwachsenen bei 100 Milligramm Atropin, bzw. 10 Milligramm Hyoscyamin. Bei Kindern beginnt die Gefahr schon bei wenigen Milligramm.

Zu Wechselwirkungen kann es kommen, wenn Personen trizyklische Antidepressiva einnehmen. Da die Wirkung um ein vielfaches verstärkt wird.

Wissenswertes über die Tollkirsche

Die Tollkirsche kommt sowohl in Europa, in Asien und im Himalaya vor. Zu finden ist sie vor allem in Laubwäldern, Waldschlägen oder am Waldrand. Der Verzehr zieht tollwutähnliche Zustände mit sich und kann zu Anfällen von Tobsucht führen.

Die Pflanze ist mehrjährig und kann bis zu 1,5 Meter hoch wachsen. Das Aussehen nach echten Kirschen, der Glanz und vor allem der sehr süße Geschmack ziehen gerade Kinder besonders an. Die Tollkirsche wird seit alters her, als Giftpflanze gefürchtet. Das unter dem Namen „Atropa“ bekannte Gewächs, leitet sich von der Schicksalsgöttin Atropos ab. Sie war eine, der drei Schicksalsgöttinnen, der römischen Mythologie. Atropos war diejenige, die den Lebensfaden durchtrennte.

In der Vergangenheit war die Tollkirsche oft eine Bestandteil von Räucher – und Orakelmischungen. Traditionell wurde sie mit folgenden Pflanzen gemischt:

  • Tollkirsche – Ernte zur Mittagszeit
  • Fliegenpilz – verhinderte in Mischungen bedingte Austrocknung von Schleimhäuten
  • Eicheln – wurden bei Vollmond gepflückt

In der Homöopathie wird Belladonna bei akuten Entzündungen, Arthritis, Fieber und Fieberkrämpfen eingesetzt. Ferner werden Präparate verschrieben bei Gastritis und bei Kolik – artigen Schmerzen, wie beispielsweise Kopfschmerzen und Neuralgien. Hier wird die Tollkirsche oft als Folgemittel nach Aconitum verabreicht, wenn es bei Fieber zu Schweißausbrüchen kommt und Aconitum nicht mehr hilfreich war.

Tollkirsche bei Parkinson

Besonders in den USA wird die Tollkirsche bei der Parkinson – Krankheit genutzt, was in Deutschland noch verboten ist. Diese degenerative Erkrankung, kennzeichnet sich durch das Absterben Dopamin – produzierender Nervenzellen, die sich im Mittelhirn befinden.

Bekannte Leitsymptome sind Muskelstarre, verlangsamte Bewegungsabläufe, die bis zur Bewegungslosigkeit führen können. Des Weiteren kommt es zu einem unkontrolliertem Muskelzittern und Haltungsinstabilität. Weitere Begleitsymptome sind erhöhte Cholesterinwerte, sowie sehr fettige Haut.

Erforscht wurde die Krankheit durch den englischen Arzt James Parkinson, nach dem die Erkrankung auch benannt wurde. Teilerfolge kamen zustande, durch den bulgarischen Bauern Iwan Raeff, der eine sogenannte „Bulgarische Kur“ entwickelte. Nach 2 bis 3 monatiger Einnahme, kam es bei Patienten zu Verbesserungen, was sich durch eine bessere Haltung, weniger Ticks und einer Besserung des gestörten Speichflusses zeigte.

Die Tollkirsche enthält in sämtlichen Teilen ein Gemisch aus Tropanalkaloiden, wobei der Gehalt zwischen 0,2 und 0,6 Prozent liegt. Der Anteil von Atropin (Stimulantie, die über Tobsuchtsanfälle bis zur Raserei) führen kann ist dabei sehr hoch. Schon zehn Beeren können den sicheren Tod bedeuten. Hyscoamin ist dagegen nur gering enthalten.

Im vergangenen Jahrhundert, wurde der Saft der Tollkirsche dazu genutzt, um Frauen besonders schöne Augen zu verleihen. Was natürlich auf Kosten der Sehschärfe geschah. Hierzu wurde der Saft der Kirsche in die Augen geträufelt. Das enthaltene Atropin sorgte für eine Pupillen- Kontraktion, die Nervenimpulse wurden gehemmt und die Pupillen konnten sich so stark erweitern.